Ukraine-Krise
Wie Arbeitsinspektionen die Sozialpartner in der Ukraine unterstützen
Mit Unterstützung der ILO hilft die ukrainische Arbeitsinspektion Unternehmen dabei, trotz der Aggression Russlands weiterzuarbeiten.

Doch mit den neuen Umständen – Millionen von Arbeitnehmer*innen sind gezwungen, ihre Wohnorte und Jobs zurückzulassen und tausende Unternehmen müssen ihre Standorte in sicherere Regionen verlegen – stellen sich viele neue Fragen. Wie kann ein Unternehmen einen Neustart an einem anderen Standort bewältigen? Wie beeinflusst Kriegsrecht das Beschäftigungsverhältnis? Wie können Menschen unter dem Stress des Konfliktes die Kraft finden, zu arbeiten?
Um Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen zu helfen, diese Herausforderungen zu adressieren, hat die Arbeitsinspektion der Ukraine (SLS) mit Unterstützung durch das von der Europäischen Union finanzierte ILO-Projekt “Towards safe, healthy and declared work in Ukraine“ neue Dienstleistungen auf den Weg gebracht.
Psychische Gesundheit
Eine der obersten Prioritäten des Projektes war anfangs das Thema psychische Gesundheit. Im April und Mai 2022 hielt die ILO für die Arbeitsinspektion insgesamt zehn Schulungen zum Thema psychosoziale erste Hilfe (FPA) am Arbeitsplatz. Trotz Luftalarmen wurden diese Trainings fortgesetzt.Mehr als 200 Arbeitsinspekteur*innen aus der ganzen Ukraine wurden darin geschult, Unternehmen und Beschäftigte in Bezug auf psychische Gesundheit sowie psychologische erste Hilfe in akuten Stresssituationen zu beraten. Dabei lernten sie auch, wie Menschen an spezialisierte psychologische Hilfe überwiesen werden können und wie sie ihr Wissen nutzen können um sich selbst, ihren Familien und Kolleg*innen zu helfen.
Eine zweite Reihe von Schulungen erreichte mehr als 70 Repräsentant*innen des Sekretariats des Nationalen Dreigliedrigen Sozial- und Wirtschaftsrates (NTSEC) und der Sozialpartner, darunter Manager von Unternehmen, Vertretungen der Gewerkschaften und Beamt*innen aus den Bezirksverwaltungen.
Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsarbeit
Schon mit Beginn der Krise etablierten die Arbeitsinspektionen Infostände in Rathäusern, Jobcentern sowie Bahn- und Busbahnhöfen, um vor den Kämpfen fliehende Binnenvertriebene zu erreichen. Ungefähr 300 000 Menschen, darunter vor allem Frauen, konnten so durch die Inspekteur*innen beraten werden, wie sie das Risiko, Opfer von Menschenhandel oder Zwangsarbeit zu werden, minimieren können. Poster und Broschüren, die in Zusammenarbeit mit dem ILO-Projekt entwickelt wurden, bieten Rat und Kontaktinformationen für weitere Hilfen an.Priorität auf praktischer Unterstützung
Die SLS hat einen Rollenwandel weg von ihren traditionellen Aufgaben als Arbeitsinspektion durchlaufen und konzentriert sich nun vermehrt auf Beratungsaufgaben und praktische Unterstützung von Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen.Über ihr Onlineportal www.pratsia.in.ua informiert sie über Beschäftigungsverhältnisse unter Bedingungen von Kriegsrecht. Auf der Website findet man FAQs zu Beschäftigungsverhältnissen und Empfehlungen zu Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz. Seit Start des Portals am 1. April haben bereits mehr als 30 000 Menschen Onlineberatung in Anspruch genommen.
Im Mai hat die SLS zudem die „Ukraine Works!“ Informationskampagne gestartet, um Informationen zu den verfügbaren Hilfsangeboten weiterzuverbreiten.
Hilfe für Unternehmen, die umziehen müssen
Tausende Unternehmen haben die Kampfgebiete verlassen und sind in die sichereren Regionen im Westen der Ukraine umgezogen. Die SLS hilft ihnen beim Neustart an ihren neuen Niederlassungen. Arbeitsinspektionen haben Arbeitgeber*innen – zum Teil remote – unter anderem zu möglichen Änderungen des Arbeitsrechts unter geltendem Kriegsrecht und notwendigen Dokumenten für den Standortwechsel eines Unternehmens beraten und Hilfestellung dabei gegeben, sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen.Die Arbeitsinspektion erhält zudem Unterstützung durch lokale Verwaltungen, das Arbeitsamt und Steuerämter, um neue Standorte zu finden, Personal einzustellen und auszubilden. Insgesamt haben mehr als 3000 Unternehmen bisher von der Unterstützung durch die SLS profitiert.