Internationaler Tag Menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte

ILO-Übereinkommen 189: Menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte feiert fünften Jahrestag

Ein Kommentar von Guy Ryder, Direktor der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)

Nachricht | 16. Juni 2016
© Herald Post
Nach ILO-Schätzungen verdienen Hausangestellte weniger als die Hälfte des Durchschnittlohns in einem Land, oft weniger als 20 Prozent. 90 Prozent der Hausangestellten haben keine soziale Absicherung, beziehen weder Rente noch Arbeitslosengeld; ihre Arbeitszeiten sind lang und oft willkürlich.

Hausangestellte haben weltweit einen Anteil von ungefähr. vier Prozent an allen Arbeitskräften. Frauen sind mit 80 Prozent aller Hausangestellten die dominante Gruppe und damit überproportional von den schlechten Arbeitsbedingungen betroffen. In Lateinamerika stellen Hausangestellte 14 Prozent der weiblichen Lohnempfänger. Nach ILO-Schätzungen sind 17 Prozent aller Hausangestellten weltweit Migranten.

Der Bedarf an Angestellten, die die Arbeit in privaten Haushalten unterstützen, wird weltweit steigen: Der demographische Wandel, die Erwerbstätigkeit beider Elternteile und die nicht ausreichende Verfügbarkeit öffentlicher Dienste sind die Ursachen, so jüngste Schätzungen der Vereinten Natioinen zur Bevölkerungsentwicklung. Familien sind in Zukunft verstärkt auf Unterstützung in den Haushalten und in der Versorgung von Kindern und alterndenden Eltern angewiesen. Aber auch alleinlebende ältere Menschen, die sich den Verbleib in den eigenen vier Wänden wünschen, benötigen Unterstützung.

Es ist und bleibt ein Problem, dass die Arbeit von Hausanstellten in der Privatheit der Haushalte stattfindet, von außen nicht einsehbar oder kontrollierbar, selten werden formale Arbeitsverträge geschlossen, ihre Arbeit ist in der Regel informell. Dabei leisten Hausangestellte eine unverzichtbare Arbeit, ohne sie wären die vielfältigen Anforderungen in der Familie nicht lösbar. Hausangestellte wie Arbeitgeber scheuen sich häufig, die Arbeitsverhältnisse zu formalisieren: Sie fürchten die höheren Kosten und die größere Komplexität. Dies führt zu einem hohen Anteil informeller Beschäftigung und Schwarzarbeit. Diese Schwierigkeiten sind nicht neu.

Es ist gut, dass die Thematik in das öffentliche Interesse rückt und dass wir heute ermutigende Fortschritte weltweit bilanzieren können.

Genau vor fünf Jahren beschloss die ILO das Übereinkommen 189 „Menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte“ und die zugehörige Empfehlung 201. Damit liegen internationale Arbeitsstandards für menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte vor. Erstmals werden die grundlegenden Rechte für 67 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer definiert. Es ist gut, dass dieses Übereinkommens fast einstimmig durch die  ILO-Mitgliedsstaaten angenommen wurden. Damit ist ein Weg beschritten, um die Diskriminierungen und die schlechten Arbeitsbedingungen zu bekämpfen und die Einhaltung der Menschenrechte für Hausangestellte zu forcieren.

Die Antwort der Staaten war beeindruckend: Weltweit gib es politische Reformen, Gesetze wurden angepasst. 2010 waren nach ILO-Schätzungen nur 10 Prozent der Hausangestellten im gleichen Maße durch Arbeitsgesetze abgesichert wie andere Arbeitnehmer. Seit 2011 haben über 70 Länder Reformen durchgeführt, um menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte sicherzustellen. Davon haben 22 Länder das ILO-Übereinkommen 189 ratifiziert, weitere 30 Länder haben politische- und gesetzliche Reformen eingeleitet, und mindestens weitere 18 Länder haben den Sozialschutz für Hausangestellte verbessert.

Die ILO arbeitet intensiv mit Regierungen, Arbeitgebern und Gewerkschaften von 60 Mitgliedsstaaten  in konkreten Projekten zusammen, um  Fortschritte zu erreichen.

Die Maßnahmen sind erste Schritte auf einem langen Weg, die langwährende Diskriminierung von Hausangestellten zu beenden. Es bleibt also noch viel zu tun, damit Hausangestellten den ihnen zustehenden Sozialschutz erhalten.

Mit der nachhaltigen Entwicklungsagenda 2030 haben sich die Vereinten Nationen auf das Ziel menschenwürdige Arbeit für alle verpflichtet. Mit dem Recht auf menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte ist ein Anfang gemacht.

Zur Situation in der Bundesrepublilk Deutschland:


Die Bundesrepublik Deutschland hat das ILO Übereinkommen 189 am 20. September 2013 als eines von 22 Ländern ratifiziert.

Darüberhinaus hat die Bundesregierung zwei Reformen auf den Weg gebracht, die unmittelbar die Situation in haushaltsnahen Dienstleistungen verbessern:
  • Die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro brutto zum 1. Januar 2015. Die Regelung zum allgemeinen Mindestlohn kurz auch Mindestlohngesetz (MiloG) ist im „Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie“ vom August 2014 geregelt.
  • Die Reform der geringfügig entlohnten Beschäftigungen in Privathaushalten (sog. Mini-Jobs) zum 1. Januar 2013. Einerseits wurde der Betrag um 50 Euro angehoben und beträgt 450 Euro monatlich. Außerdem unterliegen geringfügig entlohnt Beschäftigte auch in Privathaushalten, die ihre Tätigkeit ab dem 1. Januar 2013 aufgenommen haben, grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Für die Minijobber besteht jedoch die Möglichkeit, sich auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen.