INTERNATIONALE ARBEITSORGANISATION

Empfehlung 162

Empfehlung betreffend ältere Arbeitnehmer

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,

die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 4. Juni 1980 zu ihrer sechsundsechzigsten Tagung zusammengetreten ist,

weist darauf hin, daß das Übereinkommen und die Empfehlung über die Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), 1958, unter den darin aufgezählten Diskriminierungsgründen das Alter nicht erwähnen, aber die Möglichkeit einer Hinzufügung weiterer Gründe vorsehen;

verweist auf die besonderen Bestimmungen über ältere Arbeitnehmer in der Empfehlung betreffend die Beschäftigungspolitik, 1964, und der Empfehlung betreffend die Erschließung des Arbeitskräftepotentials, 1975;

verweist auf die Bestimmungen bestehender Urkunden über die Soziale Sicherheit älterer Menschen, insbesondere des Übereinkommens und der Empfehlung über Leistungen bei Invalidität und Alter und an Hinterbliebene, 1967;

verweist ferner auf die Bestimmungen des Artikels 6 Absatz 3 der Erklärung über die Chancengleichheit und die Gleichbehandlung der berufstätigen Frauen, die die Internationale Arbeitskonferenz auf ihrer 60. Tagung im Jahre 1975 angenommen hat;

hält es für wünschenswert, die bestehenden Urkunden durch Normen über die Chancengleichheit und Gleichbehandlung älterer Arbeitnehmer, über ihren Schutz in der Beschäftigung und über die Vorbereitung auf und den Eintritt in den Ruhestand zu ergänzen;

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend ältere Arbeitnehmer: Arbeit und Ruhestand, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und

dabei bestimmt, daß diese Anträge die Form einer Empfehlung erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 23. Juni 1980, die folgende Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend ältere Arbeitnehmer, 1980, bezeichnet wird.

I. Allgemeine Bestimmungen

1. (1) Diese Empfehlung gilt für alle Arbeitnehmer, die wegen ihres zunehmenden Alters auf Schwierigkeiten in Beschäftigung und Beruf stoßen können.

(2) Bei der Durchführung dieser Empfehlung kann in jedem Land unter Bezugnahme auf bestimmte Altersgruppen entsprechend der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis und den örtlichen Verhältnissen eine genauere Definition der Arbeitnehmer angenommen werden, für die die Empfehlung gilt.

(3) Die Arbeitnehmer, für die diese Empfehlung gilt, werden als `ältere ArbeitnehmerA bezeichnet.

2. Die Beschäftigungsprobleme der älteren Arbeitnehmer sollten im Rahmen einer umfassenden und ausgewogenen Strategie der Vollbeschäftigung und - auf betrieblicher Ebene - einer umfassenden und ausgewogenen Sozialpolitik behandelt werden, wobei allen Bevölkerungsgruppen gebührend Rechnung getragen und somit gewährleistet werden sollte, daß die Beschäftigungsprobleme nicht von einer Gruppe auf eine andere verlagert werden.

II. Chancengleichheit und Gleichbehandlung

3. Jedes Mitglied sollte im Rahmen einer innerstaatlichen Politik zur Förderung der Chancengleichheit und Gleichbehandlung der Arbeitnehmer ungeachtet ihres Alters und im Rahmen seiner einschlägigen Gesetzgebung und Praxis Maßnahmen treffen, um jede Diskriminierung älterer Arbeitnehmer in Beschäftigung und Beruf zu verhindern.

4. Jedes Mitglied sollte durch den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten angepaßte Methoden

a) Maßnahmen für eine wirksame Beteiligung der Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer an der Gestaltung der in Absatz 3 dieser Empfehlung erwähnten Politik treffen;

b) Maßnahmen für eine wirksame Beteiligung der Verbände der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber an der Förderung der Annahme und der Befolgung dieser Politik treffen;

c) Gesetze erlassen und/oder Programme unterstützen, die geeignet erscheinen, die Annahme und Befolgung dieser Politik zu sichern.

5. Ältere Arbeitnehmer sollten ohne Diskriminierung wegen ihres Alters Chancengleichheit und Gleichbehandlung mit anderen Arbeitnehmern genießen, insbesondere in bezug auf

a) den Zugang zur Berufsberatung und zur Arbeitsvermittlung;

b) den Zugang - unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Fähigkeiten, ihrer Erfahrung und ihrer Qualifikation -

i) zu der Beschäftigung ihrer Wahl im öffentlichen wie im privaten Sektor, vorbehaltlich der Fälle, in denen auf Grund der besonderen Anforderungen, Bedingungen oder Regeln für bestimmte Tätigkeiten ausnahmsweise Altersgrenzen vorgeschrieben werden dürfen;

ii) zu den Einrichtungen der Berufsbildung, insbesondere der Weiterbildung und der Umschulung;

iii) zu bezahltem Bildungsurlaub, insbesondere zum Zwecke der Berufsbildung und der gewerkschaftlichen Bildung;

iv) zum beruflichen Aufstieg und zu einer gerechten Aufgabenverteilung;

c) die Sicherheit des Arbeitsplatzes, vorbehaltlich der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis in bezug auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und vorbehaltlich der Ergebnisse der in Absatz 22 dieser Empfehlung erwähnten Überprüfung;

d) das Entgelt für gleichwertige Arbeit;

e) Maßnahmen der Sozialen Sicherheit und Sozialleistungen;

f) die Arbeitsbedingungen, einschließlich der Maßnahmen des Arbeitsschutzes;

g) den Zugang zu Wohnraum, Sozialdiensten und Gesundheitseinrichtungen, insbesondere wenn dieser Zugang mit der Berufstätigkeit oder der Beschäftigung zusammenhängt.

6. Jedes Mitglied sollte die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und Verwaltungsvorschriften und -gepflogenheiten überprüfen, um sie an die in Absatz 3 dieser Empfehlung genannte Politik anzupassen.

7. Jedes Mitglied sollte durch den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten angepaßte Methoden

a) soweit wie möglich die Anwendung dieser Politik in allen Tätigkeitsbereichen sicherstellen, die der Leitung oder der Aufsicht einer öffentlichen Stelle unterstehen;

b) die Anwendung dieser Politik in allen anderen Tätigkeitsbereichen in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und allen anderen beteiligten Stellen fördern.

8. Ältere Arbeitnehmer und Gewerkschaftsorganisationen sowie Arbeitgeber und ihre Verbände sollten Zugang zu den Stellen haben, die befugt sind, Beschwerden in bezug auf die Chancengleichheit und die Gleichbehandlung zu prüfen und diesbezüglich Untersuchungen durchzuführen, um die Abstellung aller mit dieser Politik als unvereinbar angesehenen Praktiken zu erreichen.

9. Es sollten alle geeigneten Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, daß die Berufsberatungs-, Ausbildungs- und Arbeitsvermittlungsdienste älteren Arbeitnehmern jede Erleichterung, Beratung und Hilfe gewähren, deren sie gegebenenfalls bedürfen, um Chancengleichheit und Gleichbehandlung in vollem Umfang zu genießen.

10. Die Anwendung der in Absatz 3 dieser Empfehlung erwähnten Politik sollte keine nachteiligen Auswirkungen auf die zum Schutz oder zur Unterstützung älterer Arbeitnehmer für notwendig erachteten Sondermaßnahmen haben.

III. Schutz

11. Im Rahmen einer innerstaatlichen Politik zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsumwelt in allen Stadien des Erwerbslebens sollten unter Mitwirkung der maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten entsprechende Maßnahmen ausgearbeitet werden, um älteren Arbeitnehmern die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit unter annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen.

12. (1) Unter Mitwirkung der Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sollten Untersuchungen durchgeführt werden, um die Tätigkeitsarten zu ermitteln, die den Alterungsprozeß beschleunigen können oder bei denen ältere Arbeitnehmer Schwierigkeiten haben, sich den Arbeitsanforderungen anzupassen, um die Gründe für diese Schwierigkeiten festzustellen und geeignete Lösungen zu finden.

(2) Diese Untersuchungen könnten im Rahmen eines allgemeinen Systems zur Bewertung der Arbeitsaufgaben und der entsprechenden Qualifikationen durchgeführt werden.

(3) Die Ergebnisse der Untersuchungen sollten weiten Kreisen zur Kenntnis gebracht werden, insbesondere den Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und gegebenenfalls durch ihre Vermittlung den betroffenen älteren Arbeitnehmern.

13. Stehen die Anpassungsschwierigkeiten älterer Arbeitnehmer in erster Linie mit dem zunehmenden Alter im Zusammenhang, so sollten soweit wie möglich Maßnahmen getroffen werden, die in bezug auf die betreffenden Tätigkeiten darauf abzielen,

a) die Bedingungen der Arbeit und der Arbeitsumwelt zu beseitigen, die den Alterungsprozeß zu beschleunigen drohen;

b) die Gestaltung der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit zu ändern, soweit diese eine Arbeitsbelastung und ein Arbeitstempo zur Folge haben, die die betroffenen Arbeitnehmer überfordern, insbesondere durch Einschränkung der Überstunden;

c) den Arbeitsplatz und den Arbeitsinhalt mit Hilfe aller verfügbaren technischen Mittel, insbesondere nach ergonomischen Grundsätzen, an den Arbeitnehmer anzupassen, um die Gesundheit zu schützen, Unfällen vorzubeugen und die Arbeitsfähigkeit zu erhalten;

d) eine systematischere Überwachung des Gesundheitszustandes der Arbeitnehmer vorzusehen;

e) eine Überwachung an den Arbeitsplätzen vorzusehen, die geeignet ist, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten.

14. Zur Durchführung von Absatz 13 Buchstabe b) dieser Empfehlung könnten nach Anhörung der Vertreter der Arbeitnehmer oder unter Mitwirkung ihrer maßgebenden Verbände oder durch Kollektivverhandlungen, entsprechend den in jedem Land üblichen Gepflogenheiten, die folgenden Maßnahmen auf betrieblicher Ebene getroffen werden:

a) Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Normalarbeitszeit der älteren Arbeitnehmer bei anstrengenden, gefährlichen oder gesundheitsschädigenden Arbeiten;

b) Förderung einer schrittweisen Verkürzung der Arbeitszeit für alle älteren Arbeitnehmer, die dies wünschen, während einer vorgeschriebenen Zeitspanne vor Erreichen des Alters, das normalerweise den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet;

c) Verlängerung des bezahlten Jahresurlaubs auf der Grundlage der Beschäftigungsdauer oder des Alters;

d) Gewährung der Möglichkeit für ältere Arbeitnehmer, ihre Arbeitszeit und ihre Freizeit nach eigenem Ermessen einzuteilen, indem insbesondere Teilzeitbeschäftigung erleichtert und gleitende Arbeitszeit vorgesehen wird;

e) Erleichterung des Wechsels älterer Arbeitnehmer auf Arbeitsplätze mit normaler Tagesarbeitszeit, wenn sie eine bestimmte Anzahl von Jahren bei durchgehenden oder unterbrochenen Schichtsystemen tätig waren.

15. Es sollte alles getan werden, um den Schwierigkeiten, denen ältere Arbeitnehmer begegnen, durch Beratungs- und Ausbildungsmaßnahmen abzuhelfen, wie sie beispielsweise in Absatz 50 der Empfehlung betreffend die Erschließung des Arbeitskräftepotentials, 1975, vorgesehen sind.

16. (1) Unter Mitwirkung der maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sollten Maßnahmen getroffen werden, um bei älteren Arbeitnehmern wann immer möglich Entlohnungssysteme anzuwenden, die ihren Bedürfnissen angepaßt sind.

(2) Diese Maßnahmen könnten umfassen:

a) Entlohnungssysteme, die nicht nur dem Arbeitstempo, sondern auch dem Fachwissen und der Erfahrung Rechnung tragen;

b) die Versetzung älterer Arbeitnehmer von leistungsentlohnter zu zeitentlohnter Arbeit.

17. Es könnten auch Maßnahmen getroffen werden, um älteren Arbeitnehmern, die dies wünschen, andere Beschäftigungsmöglichkeiten in ihrem eigenen oder in einem anderen Beruf zu erschließen, wo sie ihre Fähigkeiten und Erfahrungen - soweit möglich ohne Einkommenseinbuße - nutzen können.

18. Bei Personalverminderungen, vor allem in rückläufigen Wirtschaftszweigen, sollte durch besondere Anstrengungen den spezifischen Bedürfnissen älterer Arbeitnehmer Rechnung getragen werden, zum Beispiel indem ihre Umschulung für andere Wirtschaftszweige erleichtert, ihnen Unterstützung bei der Erlangung einer neuen Beschäftigung gewährt oder indem ihnen eine angemessene Einkommenssicherung oder ein angemessener finanzieller Ausgleich geboten wird.

19. Es sollten besondere Anstrengungen unternommen werden, um arbeitsuchenden älteren Personen den Eintritt beziehungsweise Wiedereintritt ins Erwerbsleben zu erleichtern, nachdem sie wegen ihrer Familienpflichten keine Berufstätigkeit ausgeübt haben.

IV. Vorbereitung auf und Eintritt in den Ruhestand

20. Im Sinne dieses Teils dieser Empfehlung

a) bedeutet der Ausdruck "vorgeschrieben" durch oder auf Grund eines der in Absatz 31 dieser Empfehlung erwähnten Durchführungsmittel bestimmt;

b) bezeichnet der Ausdruck "Leistung bei Alter" eine Leistung, die nach Überschreiten eines vorgeschriebenen Alters gewährt wird;

c) bezeichnet der Ausdruck "Ruhestandsleistung" die Leistung bei Alter, deren Gewährung von der Beendigung jeglicher Erwerbstätigkeit abhängt;

d) bezeichnet der Ausdruck "Alter, das normalerweise den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet" das vorgeschriebene Alter, von dem ab die Gewährung einer Leistung bei Alter entweder vorgezogen oder aufgeschoben werden kann;

e) bezeichnet der Ausdruck "Dienstaltersleistung" eine Leistung, deren Gewährung allein von der Erfüllung einer langen Wartezeit ungeachtet des Alters abhängt;

f) bezeichnet der Ausdruck "Wartezeit" entweder eine Beitragszeit oder eine Beschäftigungszeit oder eine Wohnsitzzeit oder eine Verbindung dieser Zeiten, je nachdem was vorgeschrieben ist.

21. Wann immer möglich sollten Maßnahmen getroffen werden, um

a) sicherzustellen, daß im Rahmen eines Systems, das einen allmählichen Übergang vom Erwerbsleben zu einer Tätigkeit nach freier Wahl gestattet, der Eintritt in den Ruhestand freiwillig erfolgt;

b) das Alter, das den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet, variabel anzusetzen.

22. Die gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen, die für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein verbindliches Alter festsetzen, sollten unter Berücksichtigung des vorstehenden Absatzes und des Absatzes 3 dieser Empfehlung überprüft werden.

23. (1) Jedes Mitglied sollte sich vorbehaltlich seiner Politik in bezug auf Sonderleistungen bemühen sicherzustellen, daß ältere Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit fortschreitend bis auf eine vorgeschriebene Stundenzahl herabgesetzt wird oder die eine Teilzeitbeschäftigung aufnehmen, während einer vorgeschriebenen Zeitspanne vor Erreichen des Alters, das normalerweise den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet, eine Sonderleistung als Teil- oder Vollausgleich für ihre Einkommenseinbuße erhalten.

(2) Die Höhe und die Bedingungen der in Unterabsatz (1) dieses Absatzes erwähnten Sonderleistung sollten vorgeschrieben werden; gegebenenfalls sollte sie für die Berechnung der Leistung bei Alter dem Entgelt gleichgestellt werden, und die Zeitspanne, während der sie gezahlt wird, sollte bei dieser Berechnung berücksichtigt werden.

24. (1) Ältere Arbeitnehmer, die während einer vorgeschriebenen Zeitspanne vor Erreichen des Alters, das normalerweise den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet, arbeitslos sind, sollten dort, wo ein System für Leistungen bei Arbeitslosigkeit besteht, weiterhin solche Leistungen oder eine angemessene Einkommenssicherung erhalten, bis sie dieses Alter erreicht haben.

(2) Besteht kein solches System, so sollten ältere Arbeitnehmer, die seit mindestens einem Jahr arbeitslos sind, Anspruch auf eine vorgezogene Ruhestandsleistung während einer vorgeschriebenen Zeitspanne vor Erreichen des Alters haben, das normalerweise den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet; die Gewährung einer solchen Leistung sollte jedoch nicht von einer längeren Wartezeit abhängig gemacht werden, als sie bei diesem Alter vorgeschrieben ist, und ihr Betrag, der dem Betrag der Leistung entspricht, die sie in diesem Alter erhalten hätten, sollte nicht als Ausgleich für die wahrscheinlich längere Dauer der Zahlung gekürzt werden, doch braucht für die Berechnung dieses Betrags die Zeitspanne zwischen dem tatsächlichen Lebensalter und dem Alter, das normalerweise den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet, nicht in die Wartezeit einbezogen zu werden.

25. (1) Ältere Arbeitnehmer,

a) die in Berufen beschäftigt waren, die nach der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis für die Zwecke der Gewährung von Leistungen bei Alter als anstrengend oder als gesundheitsschädigend gelten, oder

b) die in einem vorgeschriebenen Grad als arbeitsunfähig anerkannt sind,

sollten während einer vorgeschriebenen Zeitspanne vor Erreichen des Alters, das normalerweise den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet, Anspruch auf eine vorgezogene Ruhestandsleistung haben, deren Gewährung von einer vorgeschriebenen Wartezeit abhängig gemacht werden kann; ihr Betrag, der dem Betrag der Leistung entspricht, die sie in diesem Alter erhalten hätten, sollte nicht als Ausgleich für die wahrscheinlich längere Dauer der Zahlung gekürzt werden, doch braucht für die Berechnung dieses Betrags die Zeitspanne zwischen dem tatsächlichen Lebensalter und dem Alter, das normalerweise den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet, nicht in die Wartezeit einbezogen zu werden.

(2) Die Bestimmungen des Unterabsatzes (1) dieses Absatzes gelten nicht für

a) die Bezieher von Invaliditäts- oder Arbeitsunfähigkeitsrenten, die einem Grad der Invalidität oder Arbeitsunfähigkeit entsprechen, der dem für den Bezug der vorgezogenen Ruhestandsleistung erforderlichen Grad der Arbeitsunfähigkeit mindestens gleich ist;

b) Personen, die durch berufliche Pensionssysteme oder durch andere Leistungen der Sozialen Sicherheit ausreichend geschützt sind.

26. Ältere Arbeitnehmer, für die die Absätze 24 und 25 nicht gelten, sollten Anspruch auf eine vorgezogene Leistung bei Alter während einer vorgeschriebenen Zeitspanne vor Erreichen des Alters haben, das normalerweise den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet, vorbehaltlich etwaiger Kürzungen der regelmäßig wiederkehrenden Leistung, die sie in diesem Alter erhalten hätten.

27. Bei Systemen, die die Gewährung von Leistungen bei Alter von Beitragszahlungen oder von einer Zeit der Berufstätigkeit abhängig machen, sollten ältere Arbeitnehmer, die eine vorgeschriebene Wartezeit zurückgelegt haben, Anspruch auf eine Dienstaltersleistung haben.

28. Die Bestimmungen der Absätze 26 und 27 dieser Empfehlung brauchen nicht angewendet zu werden bei Systemen, in denen das Alter, das den Anspruch auf eine Leistung bei Alter begründet, auf 65 Jahre oder niedriger festgesetzt ist.

29. Arbeitsfähige ältere Arbeitnehmer sollten die Möglichkeit haben, ihren Antrag auf Gewährung einer Leistung bei Alter bis nach Erreichen des Alters, das normalerweise den Anspruch auf eine solche Leistung begründet, aufzuschieben, zum Beispiel um alle Voraussetzungen einer Wartezeit für eine Leistung erfüllen zu können oder um ihre Leistungen unter Berücksichtigung des höheren Alters und gegebenenfalls der zusätzlich geleisteten Arbeit und der zusätzlichen Beitragszahlungen verbessern zu können.

30. (1) In den letzten Jahren vor dem Ende des Erwerbslebens sollten unter Mitwirkung der maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und anderer beteiligter Stellen Programme zur Vorbereitung auf den Ruhestand durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang sollte dem Übereinkommen über den bezahlten Bildungsurlaub, 1974, Rechnung getragen werden.

(2) Solche Programme sollten es den beteiligten Personen insbesondere ermöglichen, Vorkehrungen für den Ruhestand zu treffen und sich auf diese neue Lage einzustellen, indem sie informiert werden über

a) das Einkommen und insbesondere die Leistungen bei Alter, die sie voraussichtlich erhalten werden, die Steuervorschriften für Rentenempfänger und die Vergünstigungen, die ihnen gewährt werden, wie medizinische Betreuung, Sozialdienste und Tarifermäßigungen für bestimmte öffentliche Dienste;

b) die Möglichkeiten und Voraussetzungen für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit, vor allem auf Teilzeitbasis, und die Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu werden;

c) den Alterungsprozeß und die Mittel, ihm entgegenzuwirken, wie ärztliche Untersuchungen, körperliche Betätigung, richtige Ernährung;

d) Freizeitgestaltung;

e) die verfügbaren Einrichtungen der Erwachsenenbildung, entweder zur Bewältigung der besonderen Probleme des Ruhestands oder zur Erhaltung oder Weiterentwicklung der Interessen und Fertigkeiten.

V. Durchführung

31. Diese Empfehlung kann, erforderlichenfalls schrittweise, durch die innerstaatliche Gesetzgebung, durch Gesamtarbeitsverträge oder auf irgendeine andere den innerstaatlichen Gepflogenheiten entsprechende Art und Weise und unter Berücksichtigung der innerstaatlichen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse durchgeführt werden.

32. Es sollten geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die Öffentlichkeit und insbesondere das für die Berufsberatung, die Ausbildung, die Arbeitsvermittlung und die anderen beteiligten Sozialdienste zuständige Personal sowie die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer und ihre Verbände über die Schwierigkeiten zu unterrichten, auf die ältere Arbeitnehmer - insbesondere in bezug auf die in Absatz 5 dieser Empfehlung behandelten Fragen stoßen können, und darüber, wie wichtig es ist, ihnen bei der Überwindung dieser Schwierigkeiten zu helfen.

33. Es sollten Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, daß ältere Arbeitnehmer über ihre Rechte und ihre Möglichkeiten umfassend unterrichtet und daß sie ermutigt werden, davon Gebrauch zu machen.