Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit

WHO und ILO: Fast 2 Millionen Menschen sterben jährlich an arbeitsbedingten Krankheiten

Arbeitsbedingte Krankheiten und Verletzungen waren im Jahr 2016 für den Tod von 1,9 Millionen Menschen verantwortlich, so die ersten gemeinsamen Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)

Nachricht | 17. September 2021
© Dren Pozhegu
Arbeitsbedingte Krankheiten und Verletzungen waren im Jahr 2016 für den Tod von 1,9 Millionen Menschen verantwortlich, so die ersten gemeinsamen Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

Laut dem WHO/ILO Joint Estimates of the Work-related Burden of Disease and Injury, 2000-2016: Global Monitoring Report ist die Mehrheit der arbeitsbedingten Todesfälle auf Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen.

Auf nicht übertragbare Krankheiten entfallen 81 Prozent der Todesfälle. Die häufigsten Todesursachen sind chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (450.000 Todesfälle), Schlaganfälle (400.000 Todesfälle) und ischämische Herzkrankheiten (350.000 Todesfälle). 19 Prozent der Todesfälle (360.000 Todesfälle) werden durch Arbeitsunfälle verursacht.

Die Studie berücksichtigt 19 berufsbedingte Risikofaktoren, darunter lange Arbeitszeiten und die Belastung durch Luftverschmutzung, Asthmagene, Karzinogene, ergonomische Risikofaktoren und Lärm am Arbeitsplatz. Das Hauptrisiko ist die Belastung durch lange Arbeitszeiten, die mit etwa 750 000 Todesfällen in Verbindung gebracht werden. Die Belastung durch Luftverschmutzung am Arbeitsplatz (Feinstaub, Gase und Dämpfe) ist für 450 000 Todesfälle verantwortlich.

"Es ist schockierend zu sehen, dass so viele Menschen buchstäblich durch ihre Arbeit getötet werden", sagte Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, WHO-Generaldirektor.  "Unser Bericht ist ein Weckruf an die Länder und Unternehmen, die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verbessern und zu schützen, indem sie ihre Zusagen einhalten, eine flächendeckende Versorgung mit Diensten für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten."

Arbeitsbedingte Krankheiten und Verletzungen belasten die Gesundheitssysteme, verringern die Produktivität und können katastrophale Auswirkungen auf die Haushaltseinkommen haben, warnt der Bericht. 

Weltweit ist die Zahl der arbeitsbedingten Todesfälle pro Bevölkerung zwischen 2000 und 2016 um 14 Prozent gesunken. Dies könnte auf Verbesserungen im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz zurückzuführen sein. Die Zahl der Todesfälle durch Herzkrankheiten und Schlaganfälle, die mit langen Arbeitszeiten zusammenhängen, steigt jedoch um 41 bzw. 19 Prozent. Dies spiegelt einen zunehmenden Trend bei diesem relativ neuen und psychosozialen beruflichen Risikofaktor wieder.

Dieser erste gemeinsame globale Global Monitoring Report von WHO und ILO wird es den politischen Entscheidungsträgern ermöglichen, arbeitsbedingte Gesundheitsschäden auf nationaler, regionaler und globaler Ebene zu verfolgen. Dies unterstützt eine gezieltere Festlegung, Planung, Kostenkalkulation, Umsetzung und Bewertung geeigneter Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit der Beschäftigten und der gesundheitlichen Chancengleichheit.

Der Bericht zeigt, dass mehr Maßnahmen erforderlich sind, um gesündere, sicherere, widerstandsfähigere und sozial gerechtere Arbeitsplätze zu schaffen, wobei die betriebliche Gesundheitsförderung und die arbeitsmedizinischen Dienste eine zentrale Rolle spielen.

Für jeden Risikofaktor gibt es eine Reihe von Präventionsmaßnahmen, die im Global Monitoring Report beschrieben werden, um den Regierungen in Absprache mit den Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen eine Orientierung zu geben. So erfordert beispielsweise die Vermeidung der Belastung durch lange Arbeitszeiten eine Vereinbarung über gesunde Höchstarbeitszeiten. Um die Belastung durch Luftverschmutzung am Arbeitsplatz zu verringern, werden Staubkontrollen, Belüftung und persönliche Schutzausrüstung empfohlen.

"Diese Schätzungen liefern wichtige Informationen über die arbeitsbedingte Krankheitslast, und diese Informationen können dazu beitragen, Politiken und Praktiken zu gestalten, um gesündere und sicherere Arbeitsplätze zu schaffen", sagte Guy Ryder, ILO-Generaldirektor. "Regierungen, Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können alle Maßnahmen ergreifen, um die Belastung gegenüber Risikofaktoren am Arbeitsplatz zu verringern.

Risikofaktoren können auch durch Änderungen der Arbeitsabläufe und -systeme verringert oder beseitigt werden. Als letzter Ausweg können auch persönliche Schutzausrüstungen dazu beitragen, Beschäftigte zu schützen, die aufgrund ihrer Arbeit eine Belastung nicht vermeiden können."

"Diese fast 2 Millionen vorzeitigen Todesfälle sind vermeidbar. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, die auf der Grundlage der verfügbaren Forschungsergebnisse auf die sich verändernden arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren abzielen", sagte Dr. Maria Neira, Direktorin der Abteilung Environment and Social Determinants of Health der WHO: "Die Gewährleistung von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist eine gemeinsame Verantwortung des Gesundheits- und des Arbeitssektors, ebenso wie die Tatsache, dass keine Arbeitnehmerin und kein Arbeitnehmer zurückgelassen werden darf. Im Sinne der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung müssen Gesundheitssysteme und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Hand in Hand zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass diese große Krankheitslast beseitigt wird."

"Die internationalen Arbeitsnormen und die Instrumente und Leitlinien der WHO/ILO bieten eine solide Grundlage für die Umsetzung starker, wirksamer und nachhaltiger Systeme für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz auf verschiedenen Ebenen. Ihre Befolgung dürfte dazu beitragen, diese Todesfälle und Behinderungen deutlich zu verringern", sagte Vera Paquete-Perdigao, Direktorin der Abteilung Governance and Tripartism bei der ILO.

Eine unverhältnismäßig große Zahl arbeitsbedingter Todesfälle betrifft Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Südostasien und im westlichen Pazifik sowie Männer und Menschen über 54 Jahre.

In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass die gesamte arbeitsbedingte Krankheitslast wahrscheinlich wesentlich größer ist, da die Gesundheitsschäden durch verschiedene andere berufsbedingte Risikofaktoren in Zukunft noch quantifiziert werden müssen. Außerdem werden die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie dieser Belastung eine weitere Dimension hinzufügen, die in künftigen Schätzungen erfasst werden muss.

Die Schätzungen werden im Vorfeld des XXII. Weltkongresses für Sicherheit und Gesundheit veröffentlicht, der virtuell vom 20. bis 23. September 2021 stattfindet.

Hinweis für Redakteure:

Im Mai 2021 veröffentlichten die WHO und die ILO die erste Studie, in der die Belastung durch Herzkrankheiten und Schlaganfälle, die auf lange Arbeitszeiten zurückzuführen sind, quantifiziert wurde (d. h. 750.000 Todesfälle). In dieser Studie wurde festgestellt, dass lange Arbeitszeiten der Risikofaktor mit der größten arbeitsbedingten Krankheitslast sind.

Heute, mit der Veröffentlichung des Global Monitoring Report, stellen WHO und ILO ihre globale vergleichende Risikobewertung der arbeitsbedingten Krankheitslast vor. Darin werden 19 berufsbedingte Risikofaktoren erfasst. Es ist die umfassendste Studie der WHO zur arbeitsbedingten Krankheitslast und die erste gemeinsame Bewertung dieser Art mit der ILO. Eine Visualisierung der Krankheitslast auf Länderebene, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Alter, ist online verfügbar.

Weiterführende Links:

Die Veröffentlichungen und das dazugehörige Pressematerial sind ab dem 17. September auf den Websites von WHO und ILO verfügbar.

Der Link zur Anwendung mit der interaktiven Karte und den Schätzungen zum Herunterladen wird ab dem 17. September online sein.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

Ceridwen Johnson, WHO Genf, Weltgesundheitsorganisation, johnsonce@who.int
Andre Muchnik, WHO Genf, Weltgesundheitsorganisation, Mobil:, muchnika@who.int ; mediainquiries@who.int

ILO-Kontakte

Rosalind Yarde, ILO Genf, Internationale Arbeitsorganisation, Mobil: +41 79 646 0480, Tel: +41 22 799 7697, yarde@ilo.org, newsroom@ilo.org