Unternehmen haben Mühe, sich von der Explosion in Beirut zu erholen

Ein Jahr nach der Explosion, die weite Teile von Beirut verwüstete, arbeitet die ILO daran, den von der Explosion betroffenen Kleinunternehmen in der libanesischen Hauptstadt zu helfen. Viele von ihnen kämpften aufgrund der COVID-19-Infektionsschutzmaßnahmen und der anhaltenden wirtschaftlichen und politischen Krise im Land bereits ums Überleben.

Nachricht | 10. August 2021
 

Beirut, Lebanon (ILO News) -Beirut, Libanon (ILO News) - Ein Jahr nach der Explosion, die den Hafen und weite Teile Beiruts verwüstete, sehen sich viele Kleinunternehmen mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, von denen einige über die unmittelbaren Auswirkungen der Explosion hinausgehen, so ein Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und des Fafo-Instituts für Arbeits- und Sozialforschung (Fafo).
Der Bericht wurde mit Unterstützung Deutschlands durch die Deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die das beschäftigungsintensive Infrastrukturprogramm der ILO im Libanon finanziert, und mit Unterstützung der Niederlande im Rahmen der "Partnerschaft zur Verbesserung der Aussichten für Vertriebene und Aufnahmegemeinschaften" (PROSPECTS) ermöglicht.

Für viele Unternehmen kam die Explosion zu einem ohnehin schwierigen Geschäftsumfeld hinzu, das durch die wirtschaftliche und politische Krise im Land durch die COVID-19-Pandemie sowie verursacht wurde. Seit der Explosion sind viele Unternehmen mit einem Rückgang der Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen, einem Anstieg der Rohstoffkosten, Hyperinflation und Stromausfällen konfrontiert.

Inhaberinnen und Inhaber von Lebensmittelgeschäften berichten beispielsweise, dass Kundinnen und Kunden weniger verderbliche Waren kaufen, da viele von ihnen wegen der Stromausfälle ihre Lebensmittel nicht lange in den Kühlschränken lagern können. Andere berichten, dass die hohen Kosten für die Beschaffung von Rohstoffen zu einem Anstieg der Warenpreise führen, was die Nachfrage der Kundinnen und Kunden dämpft.
Eine weitere Folge ist ein Anstieg der Unternehmensschulden, vor allem bei Lieferunternehmen und anderen kreditgebender Personen. Die Unternehmen haben auch Kosten im Zusammenhang mit den durch die Explosion verursachten Schäden an ihren Geschäftsstrukturen angehäuft.

Die Ergebnisse basieren auf Fokusgruppendiskussionen, die im August 2021 mit Unternehmerinnen und Unternehmern geführt wurden, um die aktuelle Lage ihrer Unternehmen zu untersuchen. Die Teilnehmenden der Fokusgruppen waren Teil einer breiteren Befragungsgruppe von 1.664 Kleinst-, Klein- und mittleren Unternehmen (KKMU). Die Umfrage wurde von der ILO und Fafo nach der Explosion im August 2020 durchgeführt, um die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Unternehmen und ihre Beschäftigten zu bewerten.

Die umfassendere Bewertung ergab, dass 14 Prozent der befragten Unternehmen vorübergehend oder dauerhaft geschlossen hatten. Nur 3 Prozent arbeiteten nach der Explosion mit Gewinn, verglichen mit 32 Prozent vor der Explosion. 85 Prozent arbeiteten mit Verlust, verglichen mit 28 Prozent vor der Explosion.

Zusätzlich zu den durch die Explosion verursachten Schäden stand der Rückgang der Geschäftstätigkeit in engem Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Um ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu bewältigen, hatten die befragten Unternehmen die Löhne ihrer Beschäftigten um durchschnittlich ein Drittel gekürzt. Dies hat dazu beigetragen, dass die Kaufkraft der Verbraucherinnen und Verbraucher, von denen die Unternehmen letztlich abhängen, gesunken ist.

Die Bewertung des Reports enthält Empfehlungen, die die betroffenen KKMU direkt unterstützen und Schwachstellen im Gesamtsystem beheben sollen, um es widerstandsfähiger gegen künftige Schocks zu machen. Kurzfristig umfasst dies die Bereitstellung von technischer Unterstützung und Coaching für die betroffenen Unternehmen in Form von Schulungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, um ihnen bei der Anpassung ihrer Geschäftsmodelle und der Entwicklung von Notfallplänen zu helfen. Dies sollte durch Bargeldzuschüsse und Lohnkostenzuschüsse für diejenigen Unternehmen ergänzt werden, die noch keine Unterstützung für die Renovierung und den Wiederaufbau ihrer Unternehmen nach der Hafenexplosion erhalten haben.

Längerfristig ist ein nationaler Entwicklungsplan für KKMU erforderlich, um eine besser koordinierte Unterstützung zu bieten. Maßgeschneiderte Maßnahmen für Unternehmen in der informellen Wirtschaft sind ebenfalls erforderlich, um informellen Unternehmen zu helfen, Krisen besser zu bewältigen und den Weg für ihren Übergang in die formelle Wirtschaft zu ebnen, einschließlich der Einbeziehung in die Sozialschutzsysteme.