G20 Labour Recommendations - German

Meeting document | 07 June 2010

Empfehlungen der G20-Arbeits- und Beschäftigungsminister an die Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten

21. April 2010

Wie von unseren Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen in Pittsburgh festgestellt, hat die rasche und entschlossene Antwort unserer Regierungen auf die Wirtschaftskrise die Weltwirtschaft in letzter Minute vor dem Kollaps bewahrt. Die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) schätzt, dass dank unserer Bemühungen 2009-10 weltweit 21 Millionen Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen wer¬den konnten. Viele unserer Volkswirtschaften beginnen wieder zu wachsen. Gleichwohl erreicht die Arbeitslosigkeit weltweit historische Höchstwerte, und in zahlreichen Ländern steigen die Arbeits¬losen¬quoten weiter an. Die IAO schätzt außerdem, dass etwa die Hälfte der weltweit drei Milliarden Arbeit¬nehmer in unsicheren Arbeitsverhältnissen beschäftigt ist.

Nun, da sich die Weltwirtschaft wieder stabilisiert, haben unsere Staats- und Regierungschefs uns gebeten zu untersuchen, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind, damit sich die Beschäftigung rasch wieder erholt. Wir sind zu dem Schluss gelangt, dass es der bereits angekündigten Maßnahmen sowie in einigen Fällen zusätzlicher Anstrengungen bedarf um sicherzustellen, dass die wirtschaftliche Erholung von Dauer ist und beschäftigungsreiches Wachstum für die Zukunft geschaffen wird. Bei anhaltender Arbeitslosigkeit müssen auch weiterhin Einkommenshilfen, Berufsbildungsangebote und Arbeitsver¬mittlungsdienste, wie etwa die Unterstützung der Arbeitslosen bei der Arbeitssuche, zur Verfügung gestellt werden. Wir müssen verhindern, dass dort, wo der Privatsektor nur wenig Beschäftigung schafft, eine große Anzahl von Arbeitnehmern den Anschluss an den Arbeitsmarkt verliert.

Wir unterstützen die Koordinierung der Bemühungen zur vorrangigen Schaffung von Beschäftigungs¬wachstum, denn wenn in zahlreichen Ländern gleichzeitig die Beschäftigung und die Einkommen deut¬lich steigen, wird auch die Nachfrage weltweit gestärkt, was wiederum zur Schaffung weiterer Arbeits¬plätze führt. Beschäftigungswachstum und steigende Einkommen in sämtlichen Regionen, besonders aber in Ländern mit einem starken Anteil an Haushalten mit niedrigem Einkommen, sind darüber hinaus unverzichtbar für ein starkes, nachhaltiges und ausgewogenes globales Wachstum, eines der Hauptziele der globalen wirtschaftspolitischen Koordinierung unserer Länder.

Mit der wirtschaftlichen Erholung müssen wir auch eine Reihe von Herausforderungen meistern, die sich bereits vor der Krise angebahnt hatten. Wir wollen sicherstellen, dass die Produktivitätszuwächse den Arbeitnehmern in Form von steigendem Lebensstandard zugute kommen; dass Arbeit für alle unsere Bürger einen verlässlichen Weg aus der Armut darstellt; dass die Grundrechte der Arbeitnehmer gewahrt werden und dass der soziale Dialog gefördert wird. Wir können von den Erfahrungen lernen, die andere mit ihren politischen Interventionen gemacht haben, um die Qualität und die Quantität der Arbeitsplätze zu verbessern.

Die Krise und die wirtschaftliche Erholung werden unweigerlich strukturelle Veränderungen unserer Volkswirtschaften mit sich bringen. Wir möchten für diese Veränderungen gerüstet sein und unseren Bürgern dabei helfen, sich auf die Chancen vorzubereiten, die der Wandel hin zu einer ausgewogeneren und auf nachhaltiges Wachstum gestützten Weltwirtschaft mit sich bringt. Die Bemühungen, das Niveau der schulischen Leistungen anzuheben und die Qualität der Bildung zu verbessern, werden in Verbindung mit einer stärkeren Betonung der Berufsbildung und der betrieblichen Ausbildung zu einer nachhaltigen Produktivitätssteigerung und zu einem höheren Lebensstandard für die Zukunft beitragen. Auch die Systeme des Sozialschutzes, die je nach Bedarf Einkommenshilfen für Privathaushalte und den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Rentensystemen vorsehen, können dazu beitragen, die für die Anpassung unserer Volkswirtschaften an den Strukturwandel erforderliche Arbeitskräftemobilität zu erzielen.

Um diese gebotenen Ziele zu erreichen, ersuchen wir unsere Staats- und Regierungschefs, folgende Politikempfehlungen in Erwägung zu ziehen. Wir haben die IAO beauftragt, unter Mitwirkung der OECD in Bezug auf die Belange ihrer Mitgliedstaaten eine Analyse der bislang von uns zur Über¬windung der Krise und ihrer Auswirkungen getroffenen politischen Maßnahmen zu erstellen. Der entsprechende Bericht, der diesen Empfehlungen beigefügt ist, ist gemeinsam mit dem Globalen Beschäftigungspakt und der Agenda für menschenwürdige Arbeit eine wertvolle Ressource für unsere Regierungen bei der Gestaltung weiterer Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigung und der sozialen Sicherungssysteme. Die vorliegenden Empfehlungen sind Ausdruck der Vielfalt unserer Volkswirtschaften, unserer Arbeitsmärkte und des Entwicklungsstands unserer Länder. Sie bieten aus¬reichenden Spielraum zur Anpassung an die spezifischen Erfordernisse der einzelnen Länder, sind aber stets darauf ausgerichtet, dass wir durch gemeinsames Handeln eine ausgewogenere Verteilung des Fortschritts und des Wohlergehens unserer Bürger erzielen können, als dies jeder für sich allein könnte. Wir sind überzeugt, dass diese Empfehlungen einen wertvollen Betrag zum G20-Rahmen für starkes, ausgewogenes und nachhaltiges Wachstum leisten können und zu einer verstärkten grundsatzpoliti¬schen Kohärenz führen werden.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen beschleunigen, um eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung und Wachstum für die Zukunft zu sichern

● Angesichts der Tatsache, dass sich in einigen Ländern die Wirtschaft zu erholen beginnt, empfeh¬len wir, weiterhin ein besonderes Augenmerk auf die Schaffung und Erhaltung von Arbeits¬plätzen zu lenken und dabei die Umsetzung bestehender politischer Vorhaben energisch voran¬zutreiben und zusätzliche Beschäftigungsmaßnahmen ins Auge zu fassen.

● Ländern, in denen weitreichende Unterbeschäftigung, informelle Sektoren und/oder hohe Armuts¬quoten vorherrschen, empfehlen wir, gezielte Anstrengungen zur Schaffung von Beschäftigungs¬möglichkeiten für bedürftige Haushalte und verletzliche Gruppen zu unternehmen und dabei die aus den jüngsten Politikinnovationen gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen.

Die Sozialschutzsysteme stärken und eine integrative, aktive Arbeitsmarktpolitik fördern

● Wir empfehlen, wo immer nötig die Sozialschutzsysteme zu stärken und eine aktive Arbeits-marktpolitik zu fördern, denn zahlreiche Menschen, darunter die am stärksten Benachteiligten, werden auch nach Einsetzen der wirtschaftlichen Erholung noch ohne Beschäftigung sein, und andere werden zur Anpassung an die veränderten Strukturen unserer Volkswirtschaften Hilfe benötigen.

● Wir empfehlen, in allen Ländern angemessene Sozialschutzsysteme zu schaffen, um Privathaus¬halten ausreichend Sicherheit zu bieten, damit sie sich wirtschaftliche Chancen zu Nutze machen können.

Beschäftigung und Armutsverringerung ins Zentrum nationaler und globaler Wirtschaftsstrategien rücken

● Wir empfehlen unseren Staats- und Regierungschefs, bei der Schaffung der Grundlagen für ein starkes, ausgewogenes und nachhaltiges Wachstum, das Allen zugute kommt, den Schwerpunkt auf Beschäftigung und Armutsverringerung zu legen.

Die Qualität der Arbeitsplätze für unsere Menschen verbessern

● Wir empfehlen, der Arbeitsmarktpolitik und den Arbeitsmarktinstitutionen zur Verbesserung der Arbeitsplatzqualität und der Wahrung der grundlegenden Rechte bei der Arbeit wieder mehr Auf¬merksamkeit zu schenken. Wir unterstreichen insbesondere die Bedeutung des sozialen Dialogs.

Unsere Erwerbsbevölkerung auf zukünftige Herausforderungen und Chancen vorbereiten

● Die Strategien für Bildung, lebenslanges Lernen, betriebliche Ausbildung und berufliche Qualifi¬zierung sollten priorisiert und an die Wachstumsstrategien gekoppelt werden. Durch eine bessere Vorausplanung und eine bessere Anpassung der beruflichen Fertigkeiten an die Arbeitsplätze kann die Erwerbsbevölkerung in die Lage versetzt werden, von der auf die Krise folgenden Umstrukturierung zu profitieren und die neuen Chancen wahrzunehmen.

Diskussion der Empfehlungen

Die Schaffung von Arbeitsplätzen beschleunigen, um eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung und Wachstum für die Zukunft zu sichern

● Angesichts der Tatsache, dass sich in einigen Ländern die Wirtschaft zu erholen beginnt, empfeh¬len wir, weiterhin ein besonderes Augenmerk auf die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen zu lenken und dabei die Umsetzung bestehender politischer Vorhaben energisch voranzutreiben und zusätzliche Beschäftigungsmaßnahmen ins Auge zu fassen.

Einkommen aus Beschäftigung ist entscheidend für nachhaltiges Wirtschaftswachstum. In Ländern, in denen sich zahlreiche Haushalte aufgrund hoher Verschuldung oder gefallener Vermögenspreise in einer Zwangslage befinden, kann das Einkommen aus Beschäftigung und Arbeit für die Erholung der Wirtschaft insgesamt von noch größerer Bedeutung sein, als dies bei früheren Rezessionen der Fall war.

Unsere Länder haben ein breit gefächertes Spektrum an Fördermaßnahmen zur Schaffung oder Erhal¬tung von Arbeitsplätzen eingesetzt. Wir haben Beschäftigung geschaffen, indem wir Infrastruktur¬investitionen beschleunigt, Unterstützung für Dienstleistungen, u. a. im Bereich der Gesundheit, der Bildung und der öffentlichen Ordnung, geleistet und in „grüne“, auf eine nachhaltigere Energienutzung abzielende Maßnahmen investiert haben. Ferner wurden Schritte zur gezielten Verringerung der Steuer¬belastung privater Arbeitgeber zur Schaffung neuer Arbeitsplätze unternommen, um die Beschäftigung anzukurbeln. Zahlreiche Länder haben Mikrounternehmen und kleinen und mittleren Unternehmen zusätzliche Hilfen gewährt, etwa in Form von Darlehen. In einigen Ländern wurden Programme zur Arbeitsplatzteilung oder zur Aufrechterhaltung von Beschäftigungsverhältnissen aufgelegt, um Arbeit¬nehmer in der Erwerbstätigkeit zu halten und zu verhindern, dass ihre berufliche Qualifikation den Arbeitgebern verloren geht. Ferner haben einige Länder für bestimmte Zielgruppen wie Familien mit niedrigem Einkommen oder benachteiligte Jugendliche Arbeitsplätze im Privatsektor subventioniert. Der beigefügte Bericht und der Globale Beschäftigungspakt der IAO enthalten eine detailliertere Beschreibung dieser politischen Maßnahmen und der daraus gewonnen Erkenntnisse.

● Ländern, in denen weitreichende Unterbeschäftigung, informelle Sektoren und/oder hohe Armuts¬quoten vorherrschen, empfehlen wir, gezielte Anstrengungen zur Schaffung von Beschäftigungs¬möglichkeiten für bedürftige Haushalte und verletzliche Gruppen zu unternehmen und dabei die aus den jüngsten Politikinnovationen gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen.

Wir sind uns der schwerwiegenden negativen Auswirkungen der Krise auf die wirtschaftliche Sicher¬heit und auf die Armut in zahlreichen Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen bewusst. In diesen Ländern wird es möglicherweise erforderlich sein, über einen längeren Zeitraum mit Vorrang eine Politik der Beschäftigungsförderung voranzutreiben. Erfolgversprechend sind hier u.a. Maßnah¬men, mit denen öffentliche Bauvorhaben gezielt für bedürftige, ländliche oder gering qualifizierte Haushalte entworfen werden. Solche Programme sehen den Bau elementarer Infra¬struktureinrichtungen wie Bewässerung, Hochwasserschutz und Straßenbau mit arbeitsintensiven Techniken vor. Erste Ergebnisse sind ausgesprochen vielversprechend, und die Erkenntnisse daraus können genutzt werden, um die Auslegung zukünftiger Programme zu verbessern und den Entwicklungseffekt und die Kosten¬effizienz dieser Bemühungen zu maximieren und damit langfristig nachhaltiges Wachstum zu schaffen.

Durch diese Programme konnte die wirtschaftliche Unsicherheit bedürftiger Haushalte verringert wer¬den, und sie konnten ihren laufenden Konsum steigern und produktiv investieren, etwa indem sie ihre Kinder in die Schule schickten. Auch helfen diese Vorhaben der globalen Wirtschaft, denn sie verhin¬dern ein weiteres Schrumpfen der Binnennachfrage und steigern den Inlandsverbrauch. Wir empfehlen, die Wirkung dieser Vorschläge auf die Binnen- und die globale Nachfrage im Rahmen der Umsetzung des Rahmens für starkes, ausgewogenes und nachhaltiges Wachstum zu berücksichtigen.

Die Sozialschutzsysteme stärken und eine integrative, aktive Arbeitsmarktpolitik fördern

● Wir empfehlen, wo immer nötig die Sozialschutzsysteme zu stärken und eine aktive Arbeitsmarkt¬politik zu fördern, denn zahlreiche Menschen, darunter die am stärksten Benachteiligten, werden auch nach Einsetzen der wirtschaftlichen Erholung noch ohne Beschäftigung sein, und andere werden zur Anpassung an die veränderten Strukturen unserer Volkswirtschaften Hilfe benötigen.

Die Erfahrungen mit früheren, durch Finanzkrisen ausgelösten Rezessionen lassen vermuten, dass sich die Arbeitslosenquoten möglicherweise über längere Zeit auf einem hohen Niveau bewegen werden. Auch die Dauer der Arbeitslosigkeit ist in vielen unserer Länder deutlich angestiegen. In einigen Ländern hat der Anstieg irregulärer und temporärer Beschäftigungsverhältnisse dazu geführt, dass weite Teile der Erwerbsbevölkerung aus den vorhandenen Arbeitslosenversicherungssystemen ausge¬schlos¬sen sind. Wo dies der Fall ist, sollten die Systeme zur Einkommensstützung finanziell nachhaltig auf¬rechterhalten und in einigen Fällen erweitert werden. Durch die Ausgaben für Sozialschutzsysteme können darüber hinaus in einem nicht unerheblichen Maß Arbeitsplätze für die Erbringung dieser Dienstleistungen geschaffen und Multiplikatoreffekte ausgelöst werden und damit eine aufkeimende wirtschaftliche Erholung begünstigt werden.

Im Fall von Ländern, in denen die Krankenversicherung und die Renten an die Beschäftigung gebunden sind, stellt eine Ausweitung des Zugangs zu diesen Leistungen über die Sozialschutzsysteme ein wich¬tiges Element zur Mobilitätssteigerung unserer Erwerbsbevölkerungen dar.

Eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die Arbeitslose und erwerbstätige Arme bei der Suche nach einer geeigneten Beschäftigung oder bei der Fortbildung zur Verbesserung ihrer beruflichen Qualifikation unterstützt, ist gerade jetzt besonders wichtig, da wir die Krise hinter uns lassen und dabei sind, uns an die veränderten Strukturen unserer Volkswirtschaften anzupassen, und sie sollte in die Sozialschutz¬systeme eingebunden werden. Arbeitsvermittlungsdienste können verhindern, dass Arbeitnehmer allein gelassen und vom Arbeitsmarkt abgekoppelt werden. Wir sollten eine hohe Erwerbsbeteiligung fördern, denn Arbeit bedeutet sowohl Würde als auch Einkommen. Ferner verringert eine hohe Erwerbs¬beteiligung die Abhängigenquote und trägt auf diese Weise zur Nachhaltigkeit unserer Sozialschutz¬systeme bei.

● Wir empfehlen, in allen Ländern angemessene Sozialschutzsysteme zu schaffen, um Privathaushalten ausreichend Sicherheit zu bieten, damit sie sich wirtschaftliche Chancen zu Nutze machen können.

Schon vor der Krise war zunehmend erkannt worden, wie wichtig eine soziale Grundsicherung, auch sozialer Sockel genannt, für alle verletzlichen Gruppen ist. Durch an den jeweiligen Entwicklungsstand der Länder angepasste Maßnahmen wie Einkommensstützung für bedürftige Haushalte durch Bargeld¬transfers, Nahrungsmittelhilfe, staatlich finanzierter Zugang zu medizinischer Grundversorgung, Wohn¬zuschüsse und Hilfen für Kinder, Ältere und Behinderte kann der Kreislauf der Armut durch¬brochen werden, in dem die Menschen unfähig sind, wirtschaftliche Chancen wahrzunehmen oder in berufliche Qualifikation und Produktivität zu investieren, weil ihre Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden. Diese Maßnahmen können auch die Arbeitnehmer im informellen Sektor erreichen, die unter Umständen keinen Zugang zu den auf die formelle Wirtschaft ausgerichteten Sozialschutzsystemen haben.

In einigen Ländern wurden die Programme zum Bargeldtransfer erweitert, um der durch die Rezession gestiegenen Nachfrage Rechnung zu tragen. In anderen wurden Programme zur Schaffung von Arbeits¬plätzen im öffentlichen Sektor für bedürftige Haushalte aufgelegt. Wie bereits erwähnt, können die Ausgaben für Sozialsicherungssysteme auch zusätzliche Beschäftigung in der Grundversorgung, etwa im Bereich der Gesundheit oder der Bildung, schaffen und Multiplikatoreffekte für andere Sektoren auslösen. Wir begrüßen und befürworten die verstärkte Förderung einer Ausweitung der Sozialsiche¬rungssysteme durch die multilateralen Entwicklungsbanken und ersuchen die IAO, die Länder bei der Entwicklung und dem Aufbau dieser Systeme zu unterstützen.

Beschäftigung und Armutsverringerung ins Zentrum nationaler und globaler Wirtschaftsstrategien rücken

● Wir empfehlen unseren Staats- und Regierungschefs, bei der Schaffung der Grundlagen für ein starkes, ausgewogenes und nachhaltiges Wachstum, das Allen zugute kommt, den Schwerpunkt auf Beschäftigung und Armutsverringerung zu legen.

Unsere Staats- und Regierungschefs sind sich einig, dass die Schaffung eines beschäftigungsorientierten Rahmens von zentraler Bedeutung für zukünftiges Wirtschaftswachstum ist. Die Krise hat uns gelehrt, dass bei der Verabschiedung von Wirtschaftsstrategien die sozialen und beschäftigungsrelevanten Aus¬wirkungen berücksichtigt werden müssen. Das erfordert mehr Kohärenz und eine bessere Koordi¬nie¬rung der Politiken unserer nationalen Regierungen sowie mit den internationalen Organi¬sationen, denen für bestimmte Aspekte der internationalen Wirtschaftspolitik Verantwortlichkeit über¬tragen wurde. Wir begrüßen, dass die IAO neben anderen Institutionen an der Umsetzung des Rahmens für starkes, ausge¬wogenes und nachhaltiges Wachstum mitwirkt, um so beizutragen, dass menschen-würdige Arbeit, soziale Eingliederung und soziale Nachhaltigkeit Teil des starken Fundaments werden, auf dem wir die Zukunft aufbauen wollen. Wir stimmen mit unseren Staats- und Regierungschefs vollkommen überein, dass die internationalen Institutionen in ihrer Analyse der Krise und Krisenfolgen sowie in ihrem grundsatzpolitischen Handeln die IAO-Normen und den Globalen Beschäftigungspakt berücksichtigen sollten.

Die Qualität der Arbeitsplätze für unsere Menschen verbessern

● Wir empfehlen, der Arbeitsmarktpolitik und den Arbeitsmarktinstitutionen zur Verbesserung der Arbeitsplatzqualität und der Wahrung der grundlegenden Rechte bei der Arbeit wieder mehr Auf¬merksamkeit zu schenken. Wir unterstreichen insbesondere die Bedeutung des sozialen Dialogs.

Bei der Ausrichtung unserer Planungen auf die Zeit nach der Krise setzen wir uns dafür ein, dass den Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und der Quantität von Arbeitsplätzen wieder mehr Nach¬druck verliehen wird. Bereits vor dem Ausbruch der Krise hatten sich in einigen Ländern die Lohn- und Beschäftigungsbedingungen verschlechtert oder sie stagnierten, und die Einkommensunterschiede waren größer geworden. In einer solchen Situation kann es erforderlich sein, verstärkt auf Maßnahmen zu setzen, die auf eine Mindestlohnpolitik oder eine Verbesserung der Institutionen für sozialen Dialog und Kollektivverhandlungen abzielen. In einigen Ländern hat es eine starke Zunahme irregulärer und tem¬porärer Beschäftigungsverhältnisse gegeben; dadurch kann es zu einer übermäßigen Risikover¬schiebung von den Unternehmen auf die Arbeitnehmer und ihre Familien kommen. Wir sind uns zwar bewusst, dass sich diese Herausforderungen über mehrere Jahrzehnte hinweg entwickelt haben, halten es aber dennoch für erforderlich, so schnell wie möglich Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Der Globale Beschäftigungspakt der IAO, der im Juni letzten Jahres von den Mitgliedstaaten und den globalen Vertretern der Arbeitnehmer und Arbeitgeber verabschiedet wurde, enthält ein breites Spektrum an Maßnahmen zur Förderung menschenwürdiger Arbeit.

Von den Arbeitsministerien, den Arbeitsaufsichtsbehörden und anderen in Frage kommenden staat¬lichen Organen sind in vielen Ländern verstärkte Anstrengungen gefordert, damit die Krise nicht zu einer Verletzung oder Schwächung der grundlegenden Rechte bei der Arbeit oder der nationalen Arbeitsgesetze oder zur Ausbeutung der besonders verletzlichen Gruppen der Arbeitnehmerschaft, z. B. der Jugendlichen oder der Migranten, führt. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir uns bemühen, als Mitglieder der IAO unsere Verpflichtungen zu erfüllen und eine Politik umzusetzen, die im Einklang mit den grund¬legenden Prinzipien und Rechten bei der Arbeit der IAO steht.

Unsere Erwerbsbevölkerung auf zukünftige Herausforderungen und Chancen vorbereiten

● Die Strategien für Bildung, lebenslanges Lernen, betriebliche Ausbildung und berufliche Qualifi¬zierung sollten priorisiert und an die Wachstumsstrategien gekoppelt werden. Durch eine bessere Vorausplanung und eine bessere Anpassung der beruflichen Fertigkeiten an die Arbeitsplätze kann die Erwerbsbevölkerung in die Lage versetzt werden, von der auf die Krise folgenden Umstrukturierung zu profitieren und die neuen Chancen wahrzunehmen.

Im Verlauf der Krise haben zahlreiche Länder Schritte unternommen, um die Dauer der Arbeitslosigkeit als Chance für Fortbildungsmaßnahmen zu nutzen; dazu haben sie sie das Angebot an Fortbildungs¬programmen erweitert, Finanzhilfen zur Verfügung gestellt oder die an Arbeitnehmer oder Unterneh¬men geleisteten Zuschüsse für Ausbildungsmaßnahmen ausgebaut. Für die Menschen, die weiterhin arbeitslos sind, sollte diese Unterstützung fortgeführt werden.

Auf unserem Weg aus der Krise ist die Verbesserung der Ausbildung eine hochrentable Investition in die zukünftige Produktivität unserer Volkswirtschaften und in die Arbeitszufriedenheit unserer Arbeit¬nehmerschaft. Bereits vor der Krise hatten der technologische Wandel und die Globalisierung die Struk¬tur der Arbeitsplätze und die Qualifikationsanforderungen an Arbeitnehmer und Manager zu verändern begonnen. Mit unserer Umstellung auf eine nachhaltige Energie- und Ressourcennutzung werden wei¬tere Anpassungen erforderlich sein. In vielen unserer Länder sehen wir Verbesserungsbedarf hinsicht¬lich der Qualität der Bildung, des Niveaus schulischer Leistungen und der Verfügbarkeit von geeig¬neten Angeboten für lebenslanges Lernen für unsere Bürger. In einigen Ländern gibt es nach wie vor keinen universellen Zugang zur allgemeinen Grundschulbildung; dadurch werden die Produktivität, die Armutsverringerung, die Beschäftigungsfähigkeit und die menschliche Entwicklung untergraben. Wir sollten in allen unseren Ländern der beruflichen Qualifikation verletzlicher Gruppen besondere Auf¬merksamkeit schenken, da diese sonst in einem Kreislauf der Arbeitslosigkeit und Armut gefangen bleiben könnten, und wir sollten junge Menschen bei ihrem Eintritt in den Arbeitsmarkt unterstützen. Unsere Staats- und Regierungschefs haben sich in Pittsburgh darauf geeinigt, dass die entwickelten Länder die Entwicklungsländer beim Auf- und Ausbau ihrer Ausbildungskapazitäten unterstützen.

Unser Berufsbildungs- und Kompetenzentwicklungsangebot sollte sich nach der Nachfrage nach bestimmten Qualifikationen in unserer Wirtschaft und in stark wachsenden Sektoren wie dem Gesund¬heitswesen, dem Pflegesektor, dem Bildungswesen und der öffentlichen Sicherheit richten. Investitio¬nen in gut ausgebildete und belastbare Arbeitnehmer können zu verstärktem Wirtschaftswachstum bei¬tragen. Vor diesem Hintergrund haben unsere Staats- und Regierungschefs in Pittsburgh die IAO beauf¬tragt, in Partnerschaft mit anderen multilateralen Organisationen Regierungen, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen sowie nichtstaatliche Organisationen zusammenzubringen, um eine den Staats- und Regierungschefs zur Prüfung vorzulegende Berufsbildungsstrategie zu entwickeln. Diese waren zu der Überzeugung gelangt, dass jeder dieser Akteure eine für die Behandlung der Berufs¬bildung wich¬tige Rolle innehat. Wir haben die von der IAO unter Mitwirkung der OECD erarbeitete vorläufige Stu¬die zur Ausbildungsstrategie überprüft und einige zusätzliche Hinweise für den Abschluss dieses Pro-zesses angefügt. Wir empfehlen, die abschließende Ausbildungsstrategie rechtzeitig fertig zu stellen, damit sie den Staats- und Regierungschefs anlässlich des in Kanada stattfindenden G20-Gifpels im Juni dieses Jahres vorgelegt werden kann.