G20 Arbeitsministertreffen in Melbourne, 10.-11. September 2014

G20 Arbeitsministertreffen thematisiert langanhaltende fehlende Beschäftigung und Arbeitsplatzqualität

Seit 2008 beschäftigt sich die G20 mit der Bewältigung der globalen Wirtschafts- und Finanzrisiken. Sie spielt eine bedeutende Rolle bei der Sicherstellung des Zusammenspiels von internationalen und nationalen Strategien zum Schutz der Weltwirtschaft vor künftigen Krisen. Neben den beteiligten Ländern, der OECD, dem IWF und der Weltbank ist die ILO zentraler Akteur des G20-Prozesses. Thema auf der vom 10. bis 11. September stattfindenden G20-Arbeitsministerkonferenz in Melbourne ist die Koordinierung von Strategien, mit dem Ziel eines höheren Wirtschaftswachstums und der Schaffung von mehr Beschäftigungsmöglichkeiten.

Nachricht | 9. September 2014
Melbourne - Gemeinsam mit anderen internationalen Organisationen, wie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank, hat die ILO Berichte zur Beschäftigungsituation vorgelegt. Die Analyse soll helfen, politische Handlungsfelder zu identifizieren.

Ein anhaltender und hoher Rückgang in Anzahl und Qualität der Arbeitsplätze in den G20 Staaten beeinflusst die Aussichten auf eine Erholung des Wirtschaftswachstums, so der Bericht mit dem Titel „G20 labour markets: outlook, key challenges and policy responses“, den die ILO, die OECD und die Weltbankgruppe für das G20 Arbeitsministertreffen in Melbourne vorgelegt haben.

Trotz einiger Verbesserungen und der langsamen Erholung von der Finanzkrise, sehen sich viele G20 Länder immer noch einer substanziellen Beschäftigungslücke gegenüber, die bis zum Jahr 2018 weiterbestehen wird, sollte das Wachstum nicht in Schwung kommen. Mit mehr als 100 Millionen Menschen, die in den G20-Ländern immer noch arbeitslos sind, und 447 Millionen „arbeitenden Armen“ in den Schwellenländern, die von weniger als zwei Dollar pro Tag leben müssen, beeinträchtigt der schwache Arbeitsmarkt auch die wirtschaftliche Erholung, da dies sowohl das Konsumverhalten als auch Investitionen hemmt.

"Die Hauptaussage des Berichts lautet, dass sich auch sechs Jahre nach der Krise die Arbeitsmärkte der G20-Länder noch immer nicht erholt haben. Dies betrifft sowohl die Höhe der Beschäftigung als auch die Qualität der Arbeitsplätze. Es gibt keinen Grund zum Zurücklehnen. Mehr Arbeitsplätze mit besserer Bezahlung tragen zum Haushaltseinkommen bei. Dies fördert die Konsumnachfrage. Wenn die Firmen eine Erholung der Nachfrage sehen, investieren sie auch und beleben somit den Wirtschaftskreislauf". Sandra Polaski, stellvertretende ILO-Direktorin für Politik


Wichtige Befunde des Berichts:


  • In den meisten G20-Ländern bleibt das Lohnwachstum erheblich hinter dem Produktivitätswachstum zurück, gleichzeitig bleiben Lohn- und Einkommensungleichheiten hoch oder sind sogar gestiegen
  • Reallöhne stagnieren oder sind sogar gefallen, dies gilt für viele G20-Industriestaaten
  • In den G20-Schwellenländern hemmt ein hohes Niveau von Unterbeschäftigung und informeller Wirtschaft beides: die derzeitige Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und die zukünftige Produktivität
„Arbeitsplätze sind eine Grundlage für die wirtschaftliche Erholung“, so der Bericht. „Die G20-Länder benötigen mehr und bessere Arbeitsplätze als Ausgangsbasis für nachhaltiges Wachstum und das Wohlergehen ihrer Gesellschaften“.

Trotz des allgemein langsamen Wachstums haben einige Schwellenländer Fortschritte in der Reduzierung der absoluten Armut gemacht, einige konnten auch die Einkommensungleichheit verringern. Dennoch bleibt informelle Beschäftigung ein Haupthindernis für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, besonders in Schwellen- und Entwicklungsländern.

"Wir sehen, dass  die Lohn- und Einkommensungleichheiten in vielen G20-Ländern steigen.  Zur Erreichung von nachhaltigem und ausgewogenem Wachstum kann diese Ungleichheit nicht akzeptiert werden. Die Situation junger Menschen ohne Arbeit ist akut, und Länder, die diese Not ignorieren, schaden sich damit selber am meisten. Wir wissen, dass dies Unruhen entzünden kann, was wiederum die Arbeitslosigkeit ansteigen lässt und Wachstumsaussichten behindert. Es gibt keine magische Formel, um die Beschäftigungskrise zu lösen, aber wir wissen, dass es einer „gemeinsamen Regierungsanstrengung“ bedarf, einschließlich der aktiven Mitarbeit vieler Ministerien". Nigel Twose, Direktor Beschäftigung, Weltbankgruppe


Zur Erreichung von nachhaltigem, gerechtem und inklusivem Wachstum bedarf es einer abgestimmten Politik in allen relevanten Sektoren, zur Verbesserung der Produktivität und Anhebung der Löhne, zur Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten, besonders für solche Gruppen, die am meisten von der Krise betroffen oder am wenigsten geschützt sind.

Demographische Veränderungen, wie das Altern der Bevölkerung in einigen Ländern und eine steigende Zahl junger Menschen in anderen, hat die Konsequenz für Regierungen, die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen, Jugendlichen und anderen unterrepräsentierten und ungeschützten Gruppen zu fördern, ihre Qualifikationen zu verbessern und Arbeitsvermittlung zu unterstützen.

"Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen ist in der Tat die definitive Herausforderung für die G20-Länder. Wir haben gesehen, dass besonders in den Industrieländern das reale Lohnwachstum eher niedrig ausgefallen ist, in einigen Ländern sind die Reallöhne sogar gesunken. So lautet die Herausforderung nicht nur viel mehr Arbeitsplätze zu schaffen, sondern auch ihre Qualität und Produktivität  zu verbessern und die  Entlohnung zu erhöhen,  die die Menschen für ihre Arbeit bekommen." Stefano Scarpetta, Direktor Beschäftigung und Soziales, OECD

Der Bericht unterstreicht den Handlungsbedarf in den Bereichen sozialer Schutz, sozialer Dialog, Rechten bei der Arbeit und Arbeitssicherheit.

Schaffung von qualitativ guten Arbeitsplätzen und ein robustes und ausgewogenes Wachstum sind ineinander greifende Ziele. „Politikansätze, die sowohl die Nachfrage, als auch die Angebotsseite des Arbeitsmarktes bearbeiten sind grundlegend, um den sich selbstverstärkenden Kreislauf von geringem Wachstum, zu wenigen Arbeitsplätzen und zurückhaltenden Investitionen zu durchbrechen. Die Politik könnte sehr viel wirksamer sein, wenn die Maßnahmen innerhalb der G20 besser abgestimmt sind.


Andere Berichte zur Vorbereitung des G20 Arbeitsministertreffens


Informelle Wirtschaft und die die Qualität von Beschäftigung in G20-Ländern


Für viele G20-Länder haben strukturelle Unterbeschäftigung, informelle Wirtschaft und qualitative Indikatoren der Beschäftigung größere Bedeutung als allein die Arbeitslosenrate, um inklusives Wachstum und menschenwürdige Beschäftigung für alle zu erreichen.

Höheres Wachstum durch eine geschlechtergerechte Wirtschaft erzielen

G20-Länder können durch eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen viel gewinnen was Wirtschaftswachstum und erhöhte Wohlfahrt betrifft. Allerdings reicht es nicht, nur diesen Indikator zu verbessern, um die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zu beseitigen (gemeinsamer Bericht von ILO, IWF, OECD, Weltbank).

Schaffung von sicheren und gesunden Arbeitsplätzen für Alle

Jedes Jahr sterben fast 1,3 Millionen Menschen durch arbeitsbedingte Krankheiten in den G20 -Ländern und über 221.000 erleiden tödliche Arbeitsunfälle. Die G20 verzeichneten 196 Millionen nicht tödlicher Arbeitsunfälle (mit mindestens vier Tagen Abwesenheit vom Arbeitsplatz) im Jahr 2010.