Neuer ILO-Bericht zur Kinderarbeit

Rückgang der Kinderarbeit verlangsamt sich. ILO ruft zu zusätzlichen Anstrengungen auf, um Ziele noch zu erreichen.

Nachricht | 8. Mai 2010
Die Zahl der arbeitenden Kinder weltweit ist zwischen 2004 und 2008 um 3 Prozent von 222 auf 215 Millionen gesunken. Das zeigt der neue globale Bericht über Kinderarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Der Rückgang hat sich allerdings verlangsamt; im vorangegangenen Vierjahreszeitraum hatte er noch bei 11 Prozent gelegen. Überdies könnte die 2007 ausgebrochene Finanz- und Wirtschaftskrise die Fortschritte noch weiter bremsen, warnt der Bericht. Wenn der Trend anhält, wird das Ziel, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit bis 2016 zu beseitigen, nicht erreicht.

"Der Fortschritt ist weder schnell noch umfassend genug, um das Ziel zu erreichen, das wir uns gesteckt haben", sagte ILO-Generaldirektor Juan Somavia. "Zusätzliche breit angelegte Anstrengungen sind unabdingbar. Wir müssen bei der Kampagne gegen Kinderarbeit in einen höheren Gang schalten." Die Wirtschaftskrise dürfe nicht zu einer Ausrede für verringerte Aktivitäten werden, fügte Somavia hinzu. "Die Krise ist vielmehr auch eine Chance für eine Politik im Interesse der Menschen, der Wirtschaft und einer nachhaltigen Entwicklung."

Der Bericht wurde im Vorfeld einer von der niederländischen Regierung in Zusammenarbeit mit der ILO veranstalteten Globalen Konferenz über Kinderarbeit am 10. und 11. Mai in Den Haag veröffentlicht. Auf der Konferenz, an der rund 80 Staaten teilnehmen, soll ein Fahrplan für weitere Aktivitäten zur Bekämpfung der Kinderarbeit ausgearbeitet werden.

"Die wesentliche Ursache von Kinderarbeit ist Armut", erklärte Constance Thomas, die Direktorin des Internationalen Programms zur Abschaffung der Kinderarbeit (IPEC) der ILO. "Daraus leitet sich ab, wie sie zu bekämpfen ist: Wir müssen dafür sorgen, dass alle Kinder in die Schule gehen können. Wir brauchen soziale Schutzsysteme zur Unterstützung armer Familien, ganz besonders in Zeiten der Krise. Und wir müssen gewährleisten, dass es genügend menschenwürdige Arbeit für die Erwachsenen gibt. Diese Maßnahmen in Verbindung mit effektiven Gesetzen zum Schutz der Kinder weisen den Weg vorwärts."

Die Ergebnisse des aktuellen Berichts stehen in Kontrast zu denen des letzten Berichts vor vier Jahren, der weitaus mehr Anlass zu Optimismus sah. Zwar konnten positive Entwicklungen aufrechterhalten werden: Am stärksten war der Rückgang bei den jüngsten Kindern und bei besonders gefährlicher Arbeit (die stellvertretend für die schlimmsten Formen der Kinderarbeit steht). Aber dennoch bleibt die Zahl der Kinder, die gefährlicher Arbeit nachgehen, mit 115 Millionen erschütternd hoch.

Fortschritte wurden in der Altersgruppe von 5 bis 14 Jahren erzielt, wo die Zahl der arbeitenden Kinder um 10 Prozent fiel - und sogar um 31 Prozent im Falle der gefährlichen Arbeit. Bei den Mädchen zwischen 5 und 17 Jahren ergab sich ein deutlicher Rückgang um 15 Millionen bzw. 15 Prozent, während sich jedoch bei den Jungen ein Zuwachs um 8 Millionen bzw. 7 Prozent zeigte. Darüber hinaus nahmen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit in der der Altersgruppe von 15 bis 17 Jahren um fast 20 Prozent zu, von 52 auf 62 Millionen.

Während in Asien und Lateinamerika die Kinderarbeit reduziert werden konnte, nahm sie in Afrika südlich der Sahara sowohl anteilsmäßig als auch in absoluten Zahlen zu. In Afrika, wo jedes vierte Kind arbeitet, ist der Anteil der Kinderarbeiter an der gesamten Kinderpopulation von allen Regionen am höchsten.

Für IPEC-Direktorin Thomas zählt die Bewältigung der Probleme in Afrika zu den größten Herausforderungen. Dringend nötig sei auch ein Durchbruch bei der Bekämpfung der Kinderarbeit in der Landwirtschaft, wo die meisten Kinder arbeiten, und beim Vorgehen gegen versteckte Kinderarbeit, die häufig zu den schlimmsten Formen gehört.