Blick in die Praxis: IPEC+, PPP und Apps

Die beste Hilfe ist immer konkret. Mit verschiedenen Programmen und Angeboten unterstützt die ILO Regierungen, Unternehmen und Betroffene vor Ort, um Kinder- und Zwangsarbeit zu beenden – ob im Rahmen des Projekts IPEC+, durch Public Private Partnerships oder mit mobilen Apps.

Artikel | 8. November 2016

Leuchtturmprojekt IPEC+

Kinderarbeit gehört noch immer zu den größten globalen Herausforderungen. Mit IPEC+, dem „International Programme on the Elimination of Child Labour and Modern Slavery“, hat die ILO in diesem Jahr ein Leuchtturmprogramm auf den Weg gebracht, das die Bekämpfung von Kinder- und Zwangsarbeit verbindet. Dabei werden die beiden erfolgreichen ILO-Programme IPEC („International Programme on the Elimination of Child Labour“) und SAP-FL („Special Action Programme to combat Forced Labour“) kombiniert.

Im Rahmen von IPEC unterstützt die ILO seit 1992 Staaten dabei, Kinderarbeit abzubauen. Vor allem die Bekämpfung von Menschenhandel, Zwangsarbeit, Prostitution, Drogenhandel, die Rekrutierung von Kindersoldaten sowie gesundheitsgefährdende Tätigkeiten stehen im Fokus der Bemühungen. Mit einigem Erfolg: Zwischen 2000 und 2012 konnte die Zahl der Kinderarbeiterinnen und Kinderarbeiter um ein Drittel gesenkt werden. Dazu ist die ILO bis heute in 115 Ländern aktiv geworden.

Unterstützung in Tadschikistan und Kirgisistan

Das Beispiel Zentralasien zeigt, wie allein eine bessere Datenbasis zu Fortschritten führen kann. Sowohl in Kirgisistan als auch in Tadschikistan hat die ILO mithilfe deutscher Gelder den nationalen Statistischen Ämtern geholfen, ihre Datenlage zur Kinderarbeit auszubauen. Damit wurde eine Grundlage dafür geschaffen, Kinderarbeit stärker zu überwachen sowie die betroffenen Kinder und ihre Familien direkt ansprechen zu können.

In Kirgistan zum Beispiel arbeiteten im Jahr 2014 fast drei Viertel (71 Prozent) der arbeitenden Kinder bis 17 Jahre in Familienunternehmen ohne eigenen Lohn. Sie sind laut der Ansicht der Aufsichtsbehörden Arbeit ausgesetzt, die schlecht für die physische und psychische Gesundheit der Kinder ist und ihnen ihre Würde nimmt. Viele von ihnen, meist die Älteren, verlassen dafür sogar ganz die Schule. Durch spezielle Schulrückkehrer-Klassen, die im Rahmen des ILO-Projekts „PROACT CAR“ umgesetzt wurden, können nun tausende Kinder der 8. bis 10. Klasse ihre Ausbildung nach Abbruch der Arbeit fortführen. Viele dachten, sie könnten nie wieder in das Bildungssystem zurück. Dank der staatlich finanzierten Zusatzklassen ist dies nun möglich.

Public Private Partnerships mit der ILO

Wenn es darum geht, international menschenwürdige Arbeitsbedingungen durchzusetzen, spielt die Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor eine immer wichtigere Rolle. Dies gilt besonders bei der Bekämpfung von Zwangsarbeit, die zum größten Teil in der Privatwirtschaft stattfindet. Durch Public Private Partnerships (PPP) mit Unternehmen und Konzernen, Stiftungen, Universitäten und Forschungseinrichtungen, Sozialpartnern und weiteren staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren hat die ILO in den letzten Jahren wesentlich dazu beigetragen, Maßnahmen gegen Zwangs- und Kinderarbeit vor Ort umzusetzen. PPP dienen dabei nicht nur der gemeinschaftlichen Finanzierung von Projekten, sondern auch der Vereinbarung von Standards, dem Wissenstransfer, Schulungen, gemeinsamen Kampagnen und ähnlichem. Mehr als ein Viertel aller von der ILO generierten PPP-Mittel geht in die Bekämpfung der Kinderarbeit.

In Zusammenarbeit mit der ILO durchgeführte PPPs gibt es beispielsweise im Rahmen der sogenannten Süd-Süd-Kooperation. Dabei handelt es sich um die aufstrebenden Schwellenländer wie etwa China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika, die ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit intensivieren und Entwicklungsländern mit ihrem Fachwissen sowie finanziellen und personellen Ressourcen unter die Arme greifen (Dreieckskooperationen).

Mit den Unternehmen gegen Kinderarbeit in den Lieferketten

Eine PPP mit dem Textilunternehmen Primark zeigt, wie eine Kooperation mit multinational agierenden Konzernen aussehen kann. So will Primark gemeinsam mit der ILO in einem Drei-Jahres-Projekt (2015-2018) das Problem der Kinderarbeit in seinen Lieferketten angehen. Dazu hat das Unternehmen in einem ersten Schritt zusammen mit der ILO die Gesetzeslage in den verschiedenen Zuliefererländern sowie deren Umsetzung bei den Herstellern überprüft. Im zweiten Schritt will Primark, ebenfalls mit Unterstützung der ILO, eigene Standards zur Verhinderung von Kinderarbeit für seine Zulieferer schaffen und den Betroffenen vor Ort mit Trainings zur Seite stehen. Dabei sollen gezielt auch nationale Netzwerke aufgebaut und aktiviert werden. In einer weiteren PPP, der „Child Labour Platform“, engagieren sich Unternehmen und Organisationen mit Unterstützung der ILO ebenfalls in einem gemeinsamen Projekt (2014-2017), um Kinderarbeit in globalen Lieferketten abzubauen.

Mobile Apps mit Checkliste

Mit zwei Apps für Smartphones, „Eliminating and Preventing Child Labour“ und „Eliminating and Preventing Forced Labour“, bietet die ILO Unternehmensverantwortlichen und externen Betriebsprüfern direkte Unterstützung. Interessierte können mit den Apps interaktive Checklisten erstellen, die es ihnen ermöglichen, Arbeitsprozesse in den unterschiedlichsten Sektoren ohne Kinder- beziehungsweise Zwangsarbeit zu gestalten. Best-Practice-Lösungen helfen, konkrete Abhilfe zu schaffen. Die Apps sind sowohl für iOS als auch Android verfügbar.