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ILO Köpfe: Interview mit Rie Vejs-Kjeldgaard, Direktorin des Partnerships and Field Support Department (PARDEV)

Rie Vejs-Kjeldgaard war in verschiedensten ILO-Funktionen tätig und kennt die ILO-Welt. Als neue Direktorin des Partnerships and Field Support Department (PARDEV) erklärt sie im Interview, was das Besondere Ihrer Abteilung ist und wie diese Entwicklungspartner und ILO-Kollegen gleichermaßen dabei unterstützt, nachhaltige Partnerschaften und Programme zu etablieren.

Artikel | 4. Dezember 2017

Frau Vejs-Kjeldgaard, bevor Sie die Leitung des Partnerships and Field Support Department übernommen haben, arbeiteten Sie in anderen ILO-Funktionen. Können Sie kurz die verschiedenen Stationen Ihrer Karriere beschreiben?

Wenn ich sie in einem Wort zusammenfassen müsste, würde ich sagen „Mobilität“ – und zwar in geografischer wie in professioneller Hinsicht. Aufgrund meines Ökonomie-Studiums und einem MBA wollte ich ursprünglich im Privatsektor arbeiten. Meine Karriere begann ich in der Pharmaindustrie, in der Produkt- und Marktentwicklung. Als es dann die Möglichkeit gab, als Expertin für Unternehmensentwicklung im ILO-Regionalbüro für Asien und den Pazifik zu arbeiten, ging meine ILO-Laufbahn los.

Nach dieser ersten ILO-Station zog ich von Bangkok nach Genf, wo ich weiter als in diesem Bereich tätig war, nun allerdings mit globaler Verantwortung. Nach einigen Jahren im Enterprise Department eröffnete sich die Chance, stellvertretende Direktorin des Decent Work Teams für Südostasien in Neu-Delhi zu werden. Hier verantwortete ich den technischen Support für die neun Länder, die von unserem Büro aus unterstützt wurden.

Nachdem ich ein Jahrzehnt als technische Spezialistin gearbeitet hatte, reizte es mich, wieder in den „Außendienst“ und die Arbeit vor Ort zu gehen. Also übernahm ich die Leitung eines Teams, das sich mit einer Reihe von zentralen politischen Herausforderungen beschäftigte. Dazu gehörte zum Beispiel die ILO-Antwort auf den Tsunami im Indischen Ozean 2004, der vor allem Sri Lanka und Indien getroffen hatte, sowie auf das Erdbeben, das 2006 Pakistan verwüstet hatte.

Meine nächste Station war die Leitung des ILO-Länderbüros in Vietnam. Fünf Jahre lang durfte ich hier unsere Arbeit verantworten – zu einer sehr aufregenden Zeit, da Vietnam eines von sechs ONE UN-Pilotländern war. Ziel dieses Ansatzes war es, die Arbeit der UN kohärenter zu machen. Danach kehrte ich nach Genf zurück, um für zwei Jahre die Decent Work Policy Analysis weltweit zu übernehmen. 2013 wurde ich dann stellvertretende Direktorin des Regionalbüros für Europa und Zentralasien. Seit Oktober dieses Jahres ist es mir eine Freude, das ILO Partnerships and Field Support Department (PARDEV) zu leiten.

Um es zusammenzufassen: Ich bin tatsächlich viel herumgekommen und habe, mehr als viele andere in der ILO, die Arbeit unserer Organisation von allen Seiten gesehen – von der technischen und der Management-Perspektive genauso wie auf Länder-, regionaler und globaler Ebene.

Mit Blick auf PARDEV: Was ist die Aufgabe der Abteilung and warum ist sie so wichtig?

Die Hauptfunktion von PARDEV ist es, eine Art „Brücke“ zu sein zwischen unseren Entwicklungs- und Finanzierungspartnern sowie der Vielzahl der ILO-Abteilungen and Länderbüros. PARDEV funktioniert dabei wie ein „One-Stop-Shop“ für die Entwicklungspartner, die mit der ILO zusammenarbeiten möchten, aber genauso auch für die ILO-Kolleginnen und -Kollegen, die mit potenziellen Partnern Möglichkeiten einer Zusammenarbeit ausloten wollen.

Nehmen wir ein Beispiel: Das deutsche Entwicklungshilfeministerium möchte gemeinsam mit der ILO ein Entschädigungssystem für Arbeitsunfälle in einem anderen Land aufbauen. Nun soll das Ministerium aber nicht 15 verschiedene ILO-Partner anrufen müssen, um herauszufinden, wie eine solche Kooperation vonstattengehen könnte. Hier kommt PARDEV ins Spiel. Wir sind der Eintrittspunkt zur ILO, die erste Tür zum Anklopfen sozusagen. Das gilt auch für unsere Mitarbeitenden vor Ort und in den ILO-Abteilungen, auch Ihnen stehen wir als Anlaufpunkt zur Verfügung. Wir unterstützen sie etwa darin, Ideen für Vorhaben mit potenziellen Entwicklungspartnern abzustimmen, wir übernehmen die Bewertung der Vorschläge anhand unseres internen Qualitätssicherungsprozesses und wir holen die Zustimmung der rechtlichen, administrativen und finanziellen Einheiten der ILO für die Pläne ein.

Eine wichtige Aufgabe von PARDEV ist es zudem, nach „vorn“ zu denken. So müssen wir zum Beispiel die übergeordneten Finanzierungsbedarfe zur Umsetzung des Strategischen Plans der ILO für 2018-2021 analysieren und verstehen genauso wie die damit verbundenen globalen Auswirkungen auf unsere Politikansätze. Außerdem müssen wir die Erfordernisse der ILO-Flaggschiffprogramme und Jahrhundertinitiativen abschätzen. Und das alles, während wir gleichzeitig im Blick haben müssen, wo unsere Entwicklungspartner investieren und zusammenarbeiten wollen. Denn auch hier hat PARDEV eine Brückenfunktion.

Welche konkrete Unterstützung bietet Ihre Abteilung auf der technischen Ebene? Und wer profitiert davon?

Ausgehend von dem, was ich gerade dargestellt habe – PARDEV als „Brücke“ – investieren wir einen enormen Anteil unserer Anstrengungen darin, die Zusammenarbeit der unterschiedlichen ILO-Abteilungen in Genf im Politikbereich, der Mitarbeitenden in den Länderbüros und unserer Entwicklungspartner zu koordinieren. Neben der Abstimmung konkreter Programme gehört dazu auch die Vorbereitung und das Verhandeln von Vereinbarungen für globale Partnerschaften.

Da wir die interne Qualitätssicherung verantworten, verlangt das von uns den Einsatz beachtlicher Ressourcen. In einem normalen Jahr übernehmen wir die Qualitätskontrolle von etwa 250 bis 280 Programmvorhaben. Dazu gehört die Bewertung der Vorschläge anhand des „Theory of Change“-Wirkungsmodells sowie anhand des in der Entwicklungszusammenarbeit gebräuchlichen „Results-Based Management“-Rahmenwerks, um damit die rechtliche, finanzielle und administrative Freigabe sicherzustellen, bevor das Vorhaben offiziell den möglichen Entwicklungspartnern vorgestellt werden kann.

Ein wesentliches Element der Arbeit der ILO ist die Kooperation vor Ort – zwischen Regierungen, Unternehmen, Beschäftigten, Nichtregierungsorganisationen, wissenschaftlichen Einrichtungen und anderen. Hinsichtlich Ihrer Erfahrungen: Was ist das Wichtigste, was die Partner auf der technischen Ebene wissen und beachten müssen?

Am allerwichtigsten ist es, die Bedürfnisse und Ansprüche des Landes und der Partner zu verstehen. Als ILO-Mitarbeitende können wir unsere Arbeit nur gut machen, wenn wir diese wirklich begreifen. Wir müssen wissen, welche Pläne das Land für seine Entwicklung und seine Bürgerinnen und Bürger hat, wie es sie verwirklichen will und mit welcher Finanzierung. Genauso entscheidend ist es, die politischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Gegebenheiten des Landes zu verstehen. Ohne dies können unsere Politikempfehlungen und technische Unterstützung weder effektiv sein noch zu wirklichen Veränderungen führen und nachhaltig sein. Und wir müssen Experten in unserem Arbeitsfeld sein und die weltweit besten Lösungen kennen.

Letztlich müssen wir aber auch uns selbst kennen und wissen, welche wesentlichen Wettbewerbsvorteile wir als ILO mitbringen und wie wir damit einem Land den bestmöglichen Nutzen bringen. Natürlich sind wir uns alle darüber im Klaren, dass die ILO besonders ist, wenn es darum geht, menschenwürdige Arbeitsbedingungen für alle zu fördern – anhand der normativen Funktion der ILO, der internationalen Arbeitsstandards, der dreigliedrigen Struktur und des sozialen Dialogs. Unsere wahre Besonderheit aber liegt darin, wenn wir in unseren Partnerschaften beweisen können, wie diese Ziele zu erreichen sind.