Instrumente zur Gleichstellung

Die Arbeitswelt ist zu Frauen und Männern nicht gleichermaßen fair. Frauen sind benachteiligt bei den Arbeitsmarktchancen, bei der Bezahlung als auch bei der Art ihrer Tätigkeiten. Was sind die Gründe dafür und welche Instrumente gibt es, um die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern zu stärken?

Artikel | 20. Februar 2020
Frauen haben weltweit durchschnittlich eine 30-prozentig geringere Wahrscheinlichkeit am Arbeitsmarkt teilzunehmen und erhalten durchschnittlich 20 Prozent weniger Lohn als Männer für gleiche und/oder gleichwertige Arbeit. Frauen sind darüber hinaus häufiger in schlecht bezahlten Arbeitsbereichen und verrichten drei Mal mehr unbezahlte familiennahe Arbeit in Haushalt, Erziehung und Pflege als Männer. Weltweit ist die Arbeit zwischen den Geschlechtern nicht gleich verteilt. Die ILO arbeitet daran, mehr Geschlechtergerechtigkeit zu errreichen, dies sowohl mit rechtlichen Instrumenten, mit der Schaffung struktureller Rahmenbedingungen und mit konkreten Unterstützungsmaßnahmen vor Ort.

Rechtliche Instrumente: ILO-Konventionen und Kernarbeitsnormen

Das Verbot von Diskriminierung in der Arbeitswelt aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit ist eines der fundamentalen Prinzipien der ILO. Die ILO fördert die Geschlechtergleichstellung in der Arbeitswelt mit Konventionen, die Staaten rechtliche Instrumente zum Abbau von Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern zur Verfügung stellen. Allen voran sind dies zwei Kernarbeitsnormen im Range von Menschenrechten mit universeller Gültigkeit:
  1. das Übereinkommen 100 über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleiche und gleichwertige Arbeit von 1951
  2. das Übereinkommen 111 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf von 1958 mit dem Ziel, Diskriminierungen aufgrund geografischer Lage, sozialer Herkunft oder Geschlechtszugehörigkeit unter anderem am Arbeitsplatz abzuschaffen. Deutschland hat die Konvention 1956 bzw. 1961 ratifziert.

 

Neben diesen Kernarbeitsnormen gibt es weitere Konventionen, wie zum Bespiel das Übereinkommen über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte Nr. 189, (von Deutschland 2013 ratifiziert), die auf die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt abzielen. Das gilt vor allem für Arbeitsbereiche, die besonders sensibel für geschlechtsspezifische Ungleichheiten sind wie Tätigkeiten im Haushalt, in der Pflege von Angehörigen und der Erziehung von Kindern (Care Economy).

Frauen in der Care Economy besserstellen

Zur Care Economy zählen alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der täglichen Versorgung anderer Menschen vor allem in Erziehung und Pflege. Das können bezahlte Dienstleistungen sein (global arbeitet jede fünfte Frau im Bereich der bezahlten Care-Ökonomie), es überwiegt jedoch unbezahlte Arbeit im eigenen Haushalt und privatem Umfeld, vorzugsweise in der Kindererziehung und der Betreuung und Pflege von Angehörigen. Wirksame Maßnahmen zur Abhilfe sind strukturelle familienunterstützende Maßnahmen wie Kinderbetreuungseinrichtungen, die eine Erwerbsbeteiligung ermöglichen und Karrierechancen von Frauen fördern. Gleichzeitig wird gefördert, dass unbezahlte Arbeit zwischen Frauen und Männern gleichmäßiger verteilt wird.


Mutterschutz stärkt Frauen

Ein weiteres wichtiges Element ist der Mutterschutz. Die ILO hat sich seit ihrer Gründung für die Rechte arbeitender Mütter eingesetzt. Noch im Gründungsjahr 1919 beschloss sie die Mutterschutzkonvention. Die Neufassung aus dem Jahr 2000 sichert Frauen nach der Entbindung einen 14-wöchigen Mutterschutz mit dem Anspruch auf Geldleistungen zu, die ihnen und ihrem Kind ein gesundes Leben ermöglichen. Anschließend sollen Frauen die Möglichkeit haben, wieder an den gleichen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz ohne Lohneinbußen zurückzukehren.

Weniger Frauenarmut durch mehr Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und damit von bezahlter und unbezahlter Arbeit stellt nach Erhebungen der ILO-Gallup-Studie bei Frauen und Männern auf der ganzen Welt eine der größten Herausforderungen dar. Vor allem Mütter, die einerseits weniger Zeit haben, um einer bezahlten Arbeit nachzugehen, und die andererseits durchschnittlich auch weniger verdienen, sind einem besonderen Armutsrisiko ausgesetzt. Flexiblere Arbeitszeiten sind daher eine der zentralen Maßnahmen, um Vereinbarkeit zu unterstützen. Dabei gilt es aber sicherzustellen, dass Flexibilisierung nicht zu einem Ausschluss aus dem staatlichen Sozialsystem und so zu sozialer Benachteiligung führt.

Das Übereinkommen über die Teilzeitarbeit von 1994 fordert außerdem die Gleichbehandlung zwischen Personen in Teilzeit und Vollzeit hinischtich der Arbeitsbedingungen und sichert einen Anspruch auf Mutterschutz, Urlaub, krankheitsbedingte Abwesenheit, Sozialleistungen und das Recht auf kollektive Vereinigung.

Beendigung von Belästigung und Gewalt


Frauen sind am Arbeitsplatz häufiger als Männer Gewalt und (sexueller) Belästigung ausgesetzt. Ein wichtiger Schritt zur Beseitigung ist mit dem das ILO- Übereinkommen über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt gesetzt, dass die ILO auf der 108. Arbeitskonferenz 2019 verabschiedet hat. Dies ist die erste internationale Übereinkunft mit dem Ziel, Gewalt am Arbeitsplatz zu beenden. Nun geht es darum, das alle Mitgliedsstaaten die neue Konvention ratifizieren.


100 Jahre Mutterschutzkonvention

Mutterschutz ist ein Grundrecht, das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 verankert ist. Danach genießen Schwangere und Kinder einen besonderen Anspruch auf Unterstützung und Schutz. Die ILO hat 1919, im Jahr ihrer Entstehung, mit dem Übereinkommen Nr. 3 über die Beschäftigung der Frauen vor und nach der Niederkunft die erste internationale Arbeitsnorm geschaffen, die sich ausschließlich an Frauen richtet. 1952 und 2000 wurde die Konvention aktualisiert. Ihr Ziel ist es, Frauen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu unterstützen und Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund von Schwangerschaft zu reduzieren. Der Mutterschutz ist zudem von entscheidender Bedeutung für die Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele 2030 und ein zentraler Punkt in der Jahrhunderterklärung der ILO von 2019.

Folgende Rechte garantiert die aktuelle Mutterschutzkonvention:

  • Gesundheitsschutz: Schwangere und stillende Frauen müssen keine Arbeit verrichten, die ihrer oder der Gesundheit ihrer Kinder schadet.
  • Mutterschutz: Frauen haben ab dem Zeitpunkt der Entbindung Recht auf bezahlten 14-wöchigen Mutterschutz auf einem lebenssichernden Niveau. Der Geldbetrag während der Abwesenheit vom Arbeitsplatz muss mindestens zwei Drittel des vorherigen Verdienstes betragen.
  • Beschäftigungsschutz: Frauen im Mutterschutz darf nicht aufgrund von Schwangerschaft oder Mutterschaft gekündigt werden. Mütter haben einen Recht, an denselben oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz mit dem gleichen Lohn zurückzukehren.
  • Stillen: Stillende Mütter haben das Recht auf zusätzliche Stillpausen neben ihren regulären Pausen während der Arbeitszeit.

    Darüber hinaus rät die ILO-Empfehlung zum Mutterschutz zu zusätzlichen Leistungen während der Mutterzeit, etwa die Ausweitung der Mutterzeit auf mindestens 18 Wochen und eine zusätzliche Verlängerung bei Mehrlingsgeburten.