Hintergrund: Globale Trends für Frauen auf dem Arbeitsmarkt

Eine positive Botschaft zum Internationalen Frauentag 2018: Mehr Frauen als jemals zuvor sind weltweit erwerbstätig und verfügen über eine bessere Bildung. Das wird maßgeblich zu einer Reduzierung der Armut von Frauen und zu verstärktem Wirtschaftswachstum führen. Dennoch: Von einer tatsächlichen Gleichstellung auf den Arbeitsmärkten sind wir weit entfernt. Noch immer besteht eine ausgeprägte Ungleichheit und damit Diskriminierung zwischen den Geschlechtern. Ein Handlungsauftrag für die Zukunft.

Artikel | 8. März 2018
Internationale Analysen und Vergleiche zeigen deutlich, dass strukturelle Faktoren verantwortlich sind für Ungleichheit. Dies bedeutet auch, dass Ungleichheit nicht durch individuelle Anstrengung überwunden werden kann. Der aktuelle ILO-Report „World Employment and Social Outlook – Trends for Women 2018“  legt offen, wo es hakt:

Gender Gaps in der Arbeitsmarktbeteiligung halten sich hartnäckig

Die globalen ILO-Prognosen für 2018 gehen von einer Erwerbsbeteiligungsquote bei Männern von 75 Prozent aus, bei Frauen von 48,5 Prozent – ein Gender Gap von 26,5 Prozent. Berücksichtigt man, dass dieser Wert seit 2009 nur um 2 Prozent zurückgegangen ist, ist diese hohe Differenz umso alarmierender. Am geringsten ist der Gender Gap noch in den Industrieländern, hier hat er den niedrigsten Stand seit 2009. Damit schlagen sich Erfolge in der Bildungs- und Ausbildungsförderung von Mädchen nieder, Veränderungen in den Einstellungen zur Berufstätigkeit von Frauen und Müttern sowie bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die gute Nachricht deshalb: Politische Maßnahmen zeigen Wirkung. Gleichzeitig ist der Gender Gap in einigen Schwellenländern auf bis zu 30,5 Prozent gestiegen. Eine hohe Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen sagt jedoch noch nichts über die Qualität der Beschäftigung aus. Dies sehen wir insbesondere in Entwicklungsländern, wo der Unterschied zwischen Frauen und Männern mit 11,8 Prozent am niedrigsten ist. Hier ist die hohe Arbeitsmarktbeteiligung eher als Indikator für fehlende soziale Absicherung und Kampf gegen Armut zu werten.

Frauen sind stärker von Arbeitslosigkeit betroffen

Für 2018 wird die Arbeitslosenquote für Frauen bei 6 Prozent prognostiziert und ist damit ca. 0,8 Prozent höher als bei Männern. In Entwicklungsländern ist die Arbeitslosigkeit geringer mit einer deutlichen Tendenz Richtung Frauen. Es wäre aber falsch, dies als Indikator für einen gesunden Arbeitsmarkt zu werden. Vielmehr sind Frauen und Männer aufgrund der prekären Lage gezwungen, jede Beschäftigung anzunehmen ungeachtet der Arbeitsbedingungen. Ähnliches lässt sich in Schwellenländern beobachten. Hier wird sich das Arbeitslosenverhältnis in den kommenden drei Jahren zuungunsten der Frauen verschlechtern. Damit sinkt die bereits jetzt niedrige Frauenerwerbstätigkeit, was insbesondere für die Arabischen Staaten und die Ländern Nord-Afrikas zutrifft.


Frauen arbeiten häufiger unter prekären Bedingungen

Weltweit arbeiten 42 Prozent aller Beschäftigten unter prekären Bedingungen. Mehr als 1,4 Milliarden Menschen sind selbstständig oder arbeiten als Familienangehörige im Eigenbetrieb. Damit verbunden ist die Gefahr von informeller Beschäftigung, Armut und mangelnder sozialer Absicherung.

In Schwellen- und Entwicklungsländern ist prekäre Beschäftigung besonders ausgeprägt mit einem Anteil von 46,2 Prozent bzw. 76,4 Prozent. Dabei arbeiten Frauen doppelt so häufig wie Männer als mithelfende Familienangehörige im Eigenbetrieb. Prekäre Beschäftigung findet zudem zumeist im informellen Sektor statt. Frauen in Entwicklungsländern sind in der informellen Arbeit überrepräsentiert. Schließt man landwirtschaftliche Arbeit aus, liegt ihr Anteil um 7,8 Prozent höher als bei Männern. Dieser Gender Gap ist in Regionen wie in der afrikanischen Sub-Sahara mit über 20 Prozent noch stärker ausgeprägt.

In Industrieländern hingegen sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse unter Frauen eher gering ausgeprägt, was nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass Frauen sich weiterhin mit systematischen Barrieren auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert sehen, was sich zum Beispiel bei Führungspositionen zeigt. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass Frauen weniger als ein Drittel der mittleren Management- und Führungspositionen besetzen und weniger als 5 Prozent der obersten Führungseben in börsennotierten Unternehmen repräsentieren.

Arbeit, die nicht zum Leben reicht, betrifft Männer und Frauen gleichermaßen

Obwohl Männer und Frauen weltweit gleichermaßen darunter leiden, dass die Arbeit nicht zum Leben reicht, zeigen sich markante Gender Gaps in Schwellen- und Entwicklungsländern: Frauen sind weitaus häufiger in Branchen mit geringem Einkommen und in der Heimarbeit beschäftigt. Auf der anderen Seite sind in Schwellenländern eher Männer von Arbeitsarmut betroffen als Frauen. Dies ist jedoch nicht auf Fortschritte bei der Beschäftigungspolitik für Frauen zurückzuführen, sondern spiegelt vielmehr eine generell niedrige Frauenbeteiligung am Arbeitsmarkt (29,5 Prozent) wieder.

Unabhängig vom Entwicklungsstand eines Landes lassen sich weltweit geschlechtsspezifische Lohnlücken feststellen: Im Durchschnitt verdienen Frauen 20 Prozent weniger als Männer. Gründe hierfür sind einerseits die unverhältnismäßig hohe Beschäftigung im Niedriglohnsektor, andererseits unzureichende Arbeitsmarktinstitutionen und -politiken, z.B. fehlende Tarifverhandlungen und Mindestlöhne. Damit einher geht auch eine mangelnde soziale Sicherung für Frauen sowohl während der Phase der Erwerbstätigkeit als auch im Alter. Altersarmut findet sich überproportional bei Frauen.


Was ist zu tun?

Geschlechtsspezifische Ungleichheit auf den Arbeitsmärkten wächst sich nicht von allein aus. Vielmehr sind konkrete politische Interventionen nötig, seitens der Regierungen und Sozialpartner. Erfolgreich erweisen sich weltweit Politiken, die die Vereinbarkeit von Erziehungs- und Pflegeaufgaben mit der Erwerbstätigkeit fördern, die zu einer Formalisierung von Arbeitsplätzen und zur Reduzierung informeller und damit prekärer Arbeit führen sowie alle Maßnahmen, die dazu beitragen, dass Frauen auf allen Entscheidungs- und Führungsebenen beteiligt sind. Wichtig ist ebenso die Einführung sozialer Sicherung in den Regionen, die bislang nicht darüber verfügen. Grundvoraussetzung aber ist, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können, dass Löhne von Sozialpartnern vereinbart werden, die auskömmlich sind und die die tatsächlichen Lebenshaltungskosten berücksichtigen. Ökonomische Analysen zeigen deutlich, dass sich solche Politiken auszahlen. Frauen tragen dann zu einem erheblichen Maße zum wirtschaftlichen Wachstum der Länder bei.