ILO-Köpfe: Kurzinterview mit Alina Goldbach, Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Alina Goldbach untersucht für die ILO Deutschland, wie internationale Arbeits- und Sozialstandards im Bereich Entgeltgleichheit weltweit umgesetzt werden. Was hat sie dabei herausgefunden?

Artikel | 30. Juni 2016

Frau Goldbach, Sie sind in dem Projekt „Entgeltgleichheit in Deutschland“ beschäftigt. An welcher Stelle steht das Projekt gerade und gibt es erste Ergebnisse?

Wir sind in der spannenden Endphase. Die Konsultations-Workshops haben bereits stattgefunden, nun werden die konkreten Handlungsempfehlungen formuliert. Es ist ganz deutlich für mich, dass Tätigkeitsbewertung ein ganz zentraler Punkt ist. Wir haben vier Kriterien international identifiziert, die zwingend in eine Arbeitsplatzbewertung einbezogen sein sollten. Wichtig ist aber, dass die Bewertung in die Hände der Sozialpartner gelegt wird, egal ob auf tariflicher Ebene oder innerhalb der Unternehmen.

Und was ist ihr persönliches Fazit?

Ich habe einen besseren Blick auf die Sozialpartnerschaft in Deutschland gewonnen. Das deutsche Tarifsystem ist einzigartig und der soziale Dialog hierzulande sehr gut. Überrascht hat mich, wie nah beieinander die Regierungs-, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite in ihren Zielen sind. Auch wenn sie teilweise unterschiedliche Wege zur Erreichung des Ziels der Entgeltgleichheit präferieren, so sind sich alle Seiten einig, dass es essentiell ist, das Recht auf gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit besser zu fördern.


Was haben Sie vor Ihrer Tätigkeit bei der ILO gemacht?

Vor meiner Zeit bei der ILO war ich unter anderem im deutschen Generalkonsulat und beim Goethe-Institut in Barcelona tätig. Das war zur Zeit der Wirtschaftskrise. Bei meiner Arbeit begegnete ich also vielen Menschen, die von der schwierigen Arbeitsmarktsituation in Spanien betroffen waren und mir wurde eindrücklich bewusst, wie wichtig es ist, Arbeits- und Sozialstandards zu schützen – gerade um die Wirtschaft zu stärken und nachhaltig zu gestalten.

Wie würden Sie die ILO als Arbeitgeber beschreiben?

Die ILO ist ein spannendes Arbeitsumfeld, weil viele Mitarbeiter aus unterschiedlichen Ländern mit völlig verschieden Arbeitsmarktsituationen und Tarifsystemen zusammenkommen, um sich gemeinsam für menschenwürdige Arbeit stark zu machen. Ich finde es großartig, dass ich einerseits Prozesse der deutschen Gleichstellungs- und Arbeitsmarktpolitik begleiten kann, aber auch zum Hörer greifen kann und von einer Kollegin in Portugal oder der Schweiz erfahre, wie ein ähnlicher Prozess dort abläuft. Ein solcher Austausch ist nicht nur gewinnbringend sondern macht meinen Arbeitsalltag sehr vielfältig. Zudem gibt es die ILO bereits seit 1919, das heißt, dass man in der Regel zu jeder arbeitsrechtlichen Frage und zu allen Themen der sozialen Gerechtigkeit nützliche Publikationen, Übereinkommen und Statistiken findet.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich wünsche mir natürlich mehr Lohngerechtigkeit in Deutschland und weltweit. Ich denke aber, wir sind auf einem guten Weg: Das Thema ist Teil der in der Sustainable Development Agenda 2030 und es gibt ein starkes gleichstellungspolitisches Committment der deutschen Regierung und Sozialpartner.

Auch hoffe ich, dass das Thema Entgeltgleichheit nicht mehr als reines „Frauenthema“ wahrgenommen wird. Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit – das ist ein Menschenrecht, dass die Arbeitswelt aller bereichert.