Normenkontrolle
Was sind die ILO Kernarbeitsnormen und sind diese rechtsbindend?
Die von der ILO verabschiedeten zehn Kernarbeitsnormen bilden das Grundgerüst für internationale Arbeits- und Sozialstandards. Sie leiten sich von den fünf Grundprinzipien ab, die auch für viele weitere Übereinkommen und Empfehlungen grundlegend sind. Diese sind (1) Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen, (2) Beseitigung der Zwangsarbeit, (3) Abschaffung der Kinderarbeit, (4) Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf sowie (5) Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit.Während die fünf Grundprinzipien und alle Empfehlungen der ILO für die Mitgliedsstaaten als Leitlinien dienen, werden Übereinkommen durch die Ratifizierung rechtlich bindend. Nach der Ratifizierung wird ihre Umsetzung auf nationaler Ebene, juristisch und faktisch, von der ILO regelmäßig überprüft. Gleichzeitig unterziehen sich auch Länder, die nicht ratifiziert haben, einer Untersuchung und werden aufgefordert zu erklären, warum eine Ratifizierung nicht möglich ist und wie man die Normen trotzdem einhält. Diese Berichtspflicht ist zum einen in der Verfassung der ILO niedergeschrieben (Art. 22 ILO Verfassung) , wurde aber durch die Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit , welche ausnahmslos alle Mitgliedsstaaten unterzeichnet haben, noch einmal bestärkt. Entscheidend ist, dass die Kernarbeitsnormen den Status von Menschenrechten haben und damit universell gelten.
Welche konkreten Mechanismen zur Normüberwachung gibt es auf Seiten der ILO?
Die Berichterstattung der Mitgliedsstaaten erfolgt nach drei Jahren bei Kernarbeitsnormen und nach sechs Jahren bei allen weiteren Übereinkommen. Sie kann zudem von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite auf nationaler Ebene kommentiert werden. Diese Berichte und Kommentierungen werden von zwei unabhängigen Gremien untersucht:Am Anfang steht der Sachverständigenausschuss zur Anwendung der Übereinkommen und Empfehlungen. Er besteht aus 20 unabhängigen und unparteiischen Juristinnen und Juristen. Hier steht die rechtliche Umsetzung auf nationaler Ebene im Vordergrund. Dieses Kontrollorgan unterscheidet sich in seiner Zusammensetzung und seiner Unabhängigkeit von anderen Organen der ILO, welche der dreigliedrigen Struktur aus Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Staaten folgen.
(1) Der Sachverständigenausschuss bewertet die vorgelegten Länderberichte in einem Abschlussbericht („observations“) und fordert weitere Informationen von den Regierungen an („direct request“) , wenn der Sachstand nicht hinreichend geklärt ist. Alle Informationen des Austausches zwischen Staaten und dem Ausschuss sind transparent und online verfügbar.
In einem zweiten Schritt wird der Abschlussbericht der jährlich stattfindenden Internationalen Arbeitskonferenz (ILC) vorgelegt. Im Rahmen einer Konferenz zur Anwendung der Normen, bestehend aus 150 Mitgliedern der Regierungen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wird der Report des Sachverständigenausschuss begutachtet.(1) Die Konferenz untersucht einige Staaten gesondert und lädt in diesem Zusammenhang auch ihre Repräsentanten zu Stellungnahmen ein. Vielmals werden dann von der Konferenz zur Anwendung der Normen länderspezifische Empfehlungen zur Verbesserungen der Umsetzung von Arbeitsstandards gemacht. Auch die Konferenz fertigt einen Abschlussbericht an, in dem alle genannten Punkte festgehalten werden.
(2) Durch die transparente Aufarbeitung der Abschlussberichte haben alle Interessenten Zugang zu den inhaltlichen und tatsächlichen Umsetzungen der Standards vor Ort: ein gutes Tool um den Sozialdialog voranzutreiben und die Länder aktiv bei der Umsetzung der Normen zu unterstützen, noch bevor ein Verstoß gemeldet werden muss.
(2) Durch die transparente Aufarbeitung der Abschlussberichte haben alle Interessenten Zugang zu den inhaltlichen und tatsächlichen Umsetzungen der Standards vor Ort: ein gutes Tool um den Sozialdialog voranzutreiben und die Länder aktiv bei der Umsetzung der Normen zu unterstützen, noch bevor ein Verstoß gemeldet werden muss.